Es ist genug für alle da

EKD-Auslandsbischof Martin Schindehütte zum Erntedankfest 2013

EKD. Unser tägliches Brot gib uns heute“. Mit dieser Vaterunser-Bitte vertrauen wir die Sorge um das, was wir alltäglich zum Leben brauchen, Gott an. Gerade am Erntedanktag werden wir an die reiche Fürsorge Gottes erinnert. Eigentlich ist auch genug für alle da: Der durchschnittliche Energiebedarf eines Menschen liegt bei 2200 Kilokalorien am Tag. Zurzeit werden für jede und jeden der 7,2 Milliarden Menschen auf der Erde mehr als 2700 Kilokalorien pro Tag erzeugt.

Schon beim heutigen Stand könnte die globale Landwirtschaft zwölf Milliarden Menschen ausreichend ernähren.

Und doch zählt das Recht auf Nahrung zu den am häufigsten verletzten Menschenrechten. Gründe dafür sind u.a. die ungleiche Verteilung der vorhandenen Nahrungsmittel, die Vergeudung, der Verlust und die Verwendung von Nahrungsmitteln für andere Zwecke als für die menschliche Ernährung.

Die Folgen der Klimakrise verstärken diese Problematik. Am stärksten leiden darunter die vielen Armen, denen zudem der ökonomische Zugang zu ausreichenden Nahrungsmitteln fehlt. Die Zahl der Hungernden hat zwar seit Mitte der 1990er Jahre die Schwelle von 850 Millionen erstmalig (842 Mill.) unterschritten. Trotzdem sterben 24.000 Menschen pro Tag an extremer Armut, Hunger und Mangelernährung.

Das ist und bleibt ein nicht hinnehmbarer Skandal. Es ist ethisch geboten und praktisch möglich, vermeidbare Not abzuwenden und Hunger und Armut vollständig zu überwinden. „Es sollte überhaupt keine Armen unter euch geben“ (5. Mose 15,4).  Da greift selbst das verständliche Teilziel der Millenniums-Entwicklungsziele zu kurz, bis 2015 die Zahl der Armen weltweit zu halbieren.

Mit dem Schwerpunktthema „Welternährung und nachhaltige Landwirtschaft“ wird sich die kommende Synode der EKD vom 10. bis 13. November in Düsseldorf beschäftigen. Im Staunen über die von Gott geschenkte Schönheit der Schöpfung und im Nachdenken über die dem Menschen anvertrauten Gaben wird es darum gehen, einer „Ethik des Genug“ Tiefenschärfe und Kontur zu verleihen. Politische Relevanz hat die Forderung, eine Wende zu einer armutsorientierten und nachhaltigen landwirtschaftlichen Entwicklung und zu einer zukunftsfähigen Ernährungsweise einzuleiten.

Gerade aber am Erntedankfest – angesichts all der Fülle der Gaben auf und vor dem Altar – ist der immer noch nicht besiegte Welthunger ein Aufruf an uns selbst: an unsere Landeskirchen, kirchlichen Werke, Gemeinden und die Gemeindeglieder, im eigenen Handeln mit Nachdruck für die Verwirklichung des Menschenrechts auf Nahrung einzutreten, und die eigene Wirtschaftsweise bzw. das eigene Konsumverhalten so auszurichten, dass die natürlichen Ressourcen geschont und die weltweite Ernährungssicherung nicht gefährdet wird. Gott sei Dank – es IST genug für alle da, wenn wir gerecht teilen!

Hannover, 4. Oktober 2013
Pressestelle der EKD
Reinhard Mawick

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