Orgel für alle – Materialien für den Umgang mit der Königin der Instrumente

hrsg. von Landeskirchenmusikdirektorin Christa Kirschbaum

Orgel für alle - ein Materialbuch der EKHN

ein Materialbuch des Zentrums Verkündigung der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau

Info (Inhaltsverzeichnis) und Bestellung:
https://www.zentrum-verkuendigung.de/startseite/online-shop

„Königin der Instrumente“ oder große Maschine?

Seitdem die Orgeln in die Kirchen kamen, hat es Diskussionen um sie gegeben. Wozu braucht es so kostbare und teure Instrumente? Stören oder befördern sie die Andacht? Helfen sie zu zum Aufbau der Gemeinde oder sind sie einsame Spielplätze für abgehobene Virtuosen?

Seit vielen Jahrhunderten ist die Orgel ein zentrales Musikinstrument des europäischen Christentums – und war es über hundert Jahre auch im liberalen Judentum. Allein in der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau gibt es über 600 Denkmalorgeln, Instrumente, die vor 1930 gebaut worden sind. Und auch danach wurden und werden Orgeln gebaut, umgebaut, restauriert.

So besitzt die EKHN mit über 1400 Orgeln einen großen Orgel-Schatz. Aber Schätze müssen gehoben werden. Das Instrument Orgel steht für eine lange kirchliche Tradition. Manchen gilt es dadurch als rückwärtsgewandt, Innovation und Belebung erhofft man sich von anderen Instrumenten. Das Problem der Orgel ist wohl, dass sie so selbstverständlich zur Kirche gehört. Die Gemeinde hat sich an das gottesdienstliche Spiel gewöhnt, weitere Möglichkeiten zum Einsatz in der Gemeindearbeit werden nicht gesehen. Dabei ist das Potenzial der Orgel zwischen schlichter sonntäglicher Gemeindebegleitung und großem solistischen Konzert vielfältig und lässt sich in vielerlei Veranstaltungsformen ausschöpfen.

Das Materialbuch „Orgel für alle“ wendet sich deshalb an die Menschen in den Gemeinden, die keine Orgelprofis sind, wohl aber Fachleute für die Gestaltung und Leitung von Gottesdiensten, für die Planung und Durchführung der Gemeindearbeit und für die Verwaltung der kirchlichen Finanzen: Pfarrerinnen und Vikare, Prädikanten und Lektorinnen, Gemeindepädagoginnen und Diakone, Mitglieder des Kirchenvorstands. Daneben hat dieses Buch aber auch alle kirchenmusikalisch Aktiven und die Liebhaberinnen und Liebhaber von Orgeln und Orgelmusik im Blick, in der Hoffnung, dass sie neue Facetten an und mit ihrem Lieblingsinstrument entdecken und ausprobieren. Das Materialbuch ist in vier Teile gegliedert. Der erste Teil informiert über die Geschichte der Orgel und über Orgelbauentwicklungen (inkl. einer Orgelbaugeschichte der EKHN) und behandelt Aspekte der Orgelpflege und Orgelrenovierung. Im zweiten Teil werden Spielende und Hörende durch die Generationen vorgestellt. Wie lernt man Orgelspielen und wer lernt es warum? Der Orgelklang ist abstrakt, man sieht nicht, wie die Musik entsteht. Welche Möglichkeiten der Vermittlung für Orgelmusik gibt es? Einzelne Beiträge behandeln z.B. Babypsalmesang, Kinder und Orgel, Orgelpraktikum in der Konfirmandenzeit, Audienz bei der Königin, musikalische Kirchenraumerfahrung, Orgel in Offenen Kirchen. 

Im dritten Teil werden Ideen für die Gemeindearbeit aufgezeigt. Wird die Orgel in Dienst genommen, eingeweiht oder gesegnet? Wie macht man das?
Das Buch beinhaltet liturgische Bausteine, Gebete, Orgellesungen (notiert und als Improvisationsanleitung), Predigtideen zur Orgeleinweihung und grundsätzliche Hinweise zum gottesdienstlichen Orgelspiel. Worauf gilt es zu achten – und welche Varianten sind möglich? Was kann man eigentlich (nur) auf einer Orgel spielen? Welche Vertonungen von biblischen Geschichten oder Psalmen passen in einen Gottesdienst oder ein Konzert? Wie gestaltet man die Andacht am Karfreitag oder den Gedenkgottesdienst zur Reichspogromnacht mit Orgelmusik? Welche Aspekte sind bei der Gestaltung von Kasualgottesdiensten zu beachten?

Außerdem werden Gemeindeaktivitäten vorgestellt, z.B. ein Orgelgeburtstagskaffeeklatsch, ein Malwettbewerb, eine Orgel-Kneipen-Wanderung und eine Orgel-Radtour. Dazu kommen grundsätzliche Überlegungen zu Orgelführungen und Musikvermittlung für verschiedene Zielgruppen, vier bislang unveröffentlichte Orgelführungen für Kinder und Erwachsene und ein Verzeichnis deutschsprachiger veröffentlichter Kinder-Orgelkonzerte.
Das Buch stellt eine Liste von Orgelmuseen und ein umfangreiches Literaturverzeichnis vor, vom Fachbuch bis zum Krimi, vom Film bis zum Kartenspiel.

Außerdem werden Möglichkeiten aufgezeigt, wie Orgel und Orgelmusik zum Benefit der Gemeinde beitragen können, nicht nur zur Finanzierung notwendiger und wünschenswerter Restaurierungs-, Reparatur- oder Reinigungsarbeiten am Instrument selbst: z.B. Takt für Takt durch die Adventszeit, Musikalienbasar, Orgeltöne aufs Handy, Historisches Orgelkonzert mit lokalem Bezug, Orgelmusik-Auktion. Dabei sind auch Ideen, wie man das Instrument im kommunalen Umfeld einbringen kann: Schaufensterspaziergang mit Orgelpfeifenquiz, Orgel-Adventskalender, Alchemie andersherum.

Orgelmusik wird vor allem über das Gehör wahrgenommen. Im vierten Teil werden Aspekte präsentiert, die den Gehörssinn um das Schmecken und Sehen ergänzen: Orgel und Backwaren, Orgel und Wein, Orgel und Schokolade, ein musikalisch-kulinarischer „Ohrenschmaus“.
Alle Texte sind auch auf der beiliegenden CD-ROM zu finden. Außerdem gibt es dort weitere theologisch-kirchenmusikhistorische Artikel, Fotos und Noten zur rechtefreien Verwendung.

Die Recherche für das Materialbuch machte deutlich: Es gibt überall viele gute Ideen, die aber noch nie in dieser Weise zusammengeführt worden sind. Möge das Buch eine Fundgrube für alle werden, die die Orgel in ihren Gemeinden wieder neu ins Gespräch und zu Gehör bringen wollen!

Orgel für alle – Materialien für den Umgang mit der Königin der Instrumente

hrsg. von Landeskirchenmusikdirektorin Christa Kirschbaum,
Materialbuch 123 des Zentrum Verkündigung der EKHN, Frankfurt a.M., 2015
256 Seiten inkl. CD-ROM, 16,80 EUR

Info (Inhaltsverzeichnis) und Bestellung:

https://www.zentrum-verkuendigung.de/startseite/online-shop/artikel/kategorie/materialbuecher-ehemals-materialhefte/produkt/mb-123-orgel-fuer-alle.html

Mitteilung von Bernd Kehren (theopoint.de): So ganz verstehe ich das nicht.

Wenn ich das richtig verstehe, hat die Orgel Massen von Musikern arbeitslos gemacht.
Ein einziger am zentralen Spieltisch kann ein ganzes Orchester ersetzen.
Musikalisch hat die Kirche damit eine Entwicklung im Positiven wie im Negativen vorweggenommen, die nun die Digitalisierung in allen gesellschaftlichen Bereichen vollzieht.

Warum soll nun ausgerechnet die Orgel selber als Vorreiterin in diesem Bereich von der weiteren Entwicklung verschont bleiben?

Wenn ich in einer Gemeinde heute zu sagen hätte, würde ich immer dafür stimmen, ein gleichwertiges digitales Instrument und zusätzlich ein Schlagzeug und mehrere Cajons anzuschaffen und das gesparte Geld in einen guten Kirchenmusiker zu investieren, der nicht nur mit klassischer Orgelmusik umgehen kann, sondern auch mit moderner Kirchenmusik.

Provokativ:
1. Hatte Jesus eine Orgel?
2. Sind wir lebendige Kirche heute - oder Museumsverein?

(Womit ich übrigens nichts dagegen hätte, auf einem entsprechenden digitalen Instrument auch klassische Orgelmusik zu hören...)

Viele Grüße
Bernd Kehren