Kirchliche Stiftungen unterliegen nicht der Kontrolle durch staatliche Gerichte

Das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht fällt Grundsatzurteil

Gegen die Abberufung des Vorstands der Johannes a Lasco Bibliothek kann nicht vor staatlichen Gerichten geklagt werden. Religionsgesellschaften regeln ihre Angelegenheiten im Rahmen der Rechtsordnung selbst.

Der ehemalige Vorstand der Johannes a Lasco Bibliothek Dr. Walter Schulz ist mit seiner Beschwerde gegen die Entscheidungen von zwei kirchlichen Gerichten in letzter Instanz gescheitert. Das Verwaltungsgericht in Oldenburg hatte noch prinzipiell die Zuständigkeit staatlicher Gerichte bejaht, sie aber derart eingeschränkt, dass Schulz Beschwerde bei der nächsten Instanz einlegte. Das Oberverwaltungsgericht (OVG) in Lüneburg hat den Fall nun zum Anlass genommen, ein weitreichendes Grundsatzurteil im Sinne kirchlicher Selbstbestimmung zu fällen.

Wie es in einer Pressemeldung des Gerichts heißt, "erkennt der Staat die Kirchen als Institutionen mit dem Recht der Selbstbestimmung an, die ihrem Wesen nach unabhängig vom Staat sind und ihre Gewalt nicht von ihm herleiten. Die Folge ist, dass der Staat in ihre inneren Angelegenheiten nicht eingreifen darf und Kirchen dort, wo sie über das Recht zur Selbstbestimmung verfügen, auch nicht der Jurisdiktionsgewalt des Staates unterliegen."

Dies gelte auch für eine kirchliche Stiftung. Sofern diese organisatorisch oder institutionell einer Kirche zuzuordnen ist, "unterfallen Ordnung und Verwaltung dieser Stiftung dem verfassungskräftig gewährleisteten kirchlichen Selbstbestimmungsrecht und sind deshalb vor staatlicher Einflussnahme geschützt. Von Kirchenbehörden getroffene stiftungsaufsichtliche Maßnahmen gegenüber einer kirchlichen Stiftung und deren Organen sind Bestandteil dieser garantierten Selbstbestimmung und daher innerhalb des von Artikel 137 Abs. 3 Satz 1 der Weimarer Reichsverfassung gezogenen Rahmens einer Kontrolle durch die staatlichen Gerichte von vornherein entzogen", so das Gericht.

In der Sache ist damit über die Rechtmäßigkeit der Abberufung im Sommer 2008 noch nicht endgültig entschieden. Es sind noch mehrere Beschwerden von Schulz gegen seine Entlassung anhängig. Allerdings sind die Erfolgsaussichten nach der Entscheidung des OVG geringer geworden. Die von der Evangelisch-reformierten Kirche getroffenen stiftungsrechtlichen Aufsichtsmaßnahmen sind nach Auffassung des Senats "keine Akte staatlicher Gewalt, sondern Maßnahmen des innerkirchlichen Rechts". Als solche unterlägen sie nicht der Kontrolle durch die staatliche Gerichtsbarkeit. Denn nach dem kirchenrechtlichen Regelungssystems des Grundgesetzes ordne und verwalte jede Religionsgesellschaft ihre Angelegenheiten innerhalb der Schranken des für alle geltenden Gesetzes selbständig (Artikel 140 GG i.V.m. Artikel 137 WRV), heißt es in der Erklärung des Gerichts.