Eberhard Busch, Credo – Das Apostolische Glaubensbekenntnis

Eine Rezension von Landessuperintendent i.R. Walter Herrenbrück

Eine Auslegung des Bekenntnisses, getragen von der Erkenntnis: Gott selbst sorgt dafür, „dass wir von ihm reden können“.

Eberhard Busch,
Credo – Das Apostolische Glaubensbekenntnis

Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht
1. Auflage 2003
314 Seiten 32,90 € [D]
ISBN 978-3-525-01625-1

Den Text seiner Abschiedsvorlesung an der Theologischen Fakultät in Göttingen hat Eberhard Busch überarbeitet und als Buch herausgebracht. „Was kann ich ... Besseres tun“, heißt es im Vorwort, „als auf das hinzuweisen, was das apostolische Glaubensbekenntnis uns gemeinsam sagt und – was christliche Kirchen und Gemeinden seit alters bis in unsere Gegenwart mit dessen Worten miteinander sagen. In diesem Sinn ‘Credo’, ‘Ich glaube’“ (5).

Busch schreibt wie er spricht; und das liest sich dann so: „Ich sage nichts anderes, wenn ich nun einen weiteren Begriff einführe und sage: ...“ (S. 65). Er hat seine Lieblingsworte – „kühnlich“ zum Beispiel. Auf Einwände – die aus der Theologiegeschichte und theologischen Debatten bekannt sind oder sich aus religiösen Sehnsüchten ergeben – geht er verständnisvoll ein. Er spricht mit seinen Lesern wie ein Fahrlehrer mit seinen Fahrschülern; zeigt, wohin und wie die Reise geht und macht auf rote Ampeln und Sackgassen aufmerksam. Seine Auskünfte verdanken sich einer klaren theologischen Erkenntnis. „Credo in deum“ – das „sagt eigentlich schon alles“ (S. 90).

Gott – dieser Gott – hat sich „offenbart ... in einer bestimmten Gestalt, die zu seinem Wesen gehört und durch die sein Wesen erkannt wird“ (S. 91). Das ist der cantus firmus im theologischen Denken Buschs: Gott selbst sorgt dafür, „dass wir von ihm reden können“ (S. 65). Und die wesentliche Aufgabe der Theologie ist: von Gott – und dann auch von „Gottes Welt“ (S. 137ff.), von „Gottes Zuwendung“ (S. 161ff.), von „Gottes Hingabe“ (S. 184ff.) zu reden. Theologisch durchdacht wählt Busch die Begriffe: Gottes Zuwendung zeigt sich darin, dass er seinen Sohn Jesus Christus zu uns sendet. Er ist der eine Weg, auf dem Gott „herunterkommt, um unser Gott zu sein“ (S. 173), wie Busch anschaulich formuliert. Selbstverständlich gibt es „überhaupt keinen Weg von uns zu Gott“ (ebd.).

Gottes Hingabe beinhaltet „Weihnachten“ (S. 184ff.) und „die Erniedrigung des Gottessohnes“(S. 191ff.) ins Leiden und Sterben: die Versöhnung durch den „Versöhner“ (S. 200ff.). Durch ihn wird der „Grundschaden“ (S. 201) geheilt, „den wir selbst nicht heilen können“ (ebd.). Der „fürsorgliche Gott“ (S. 114ff.) handelt in Christus „für uns“ – und dieses „für uns“ bedeutet sowohl „ohne uns“, als auch „an unserer Stelle“, als auch „uns zugut“ (S. 201f.). Busch versteht es, mit wenigen Bemerkungen, die ebenso präzise wie plausibel sind, einen komplexen Zusammenhang darzustellen: eine bemerkenswerte didaktische Leistung. Auch der Aufbau des Buches zeugt davon: einer „Hinführung“ (S. 9ff.) folgt die „Ausführung“, die Auslegung des apostolischen Glaubensbekenntnisses (S. 90ff.).

In der „Hinführung“ setzt Busch ein mit der Frage, ob es überhaupt eines „urkundlichen“ Bekenntnisses bedürfe, ob nicht ein „aktuales“ Bekennen auf der Grundlage der biblischen Botschaft genüge. Busch macht deutlich, dass das (formulierte und autorisierte) Glaubensbekenntnis notwendig ist, weil es auf die Schrift verweist, insofern es eine relative, auf die Schrift bezogene Autorität hat und in dieser „relativen Verbindlichkeit“ (S. 22) Menschen im gemeinsamen Glauben und zu gemeinsamem Bekennen verbindet. In der „Hinführung“ finden sich Bemerkungen sowohl über die „Bekennende Kirche“ (S. 31ff.) und zum Verhältnis von „Schrift und Tradition“ (S. 22ff.), als auch über die Geschichte des Apostolikums (S. 38ff.), über dessen Einschätzung durch die Reformatoren (S. 47ff.) und über Kritik, die es erfahren hat (S. 53ff.). Zur „Hinführung“ gehören die Prolegomena, „das zuerst zu Sagende“, das nur „ein theologischer Satz“ sein kann (S. 64). Zu erwähnen ist der Abschnitt „Das Werk des Glaubens“ (S. 82ff.): eine luzide Erklärung dessen, was Calvin den praecipuus usus des Gesetzes nennt. Busch macht hier deutlich, dass dieser „eigentliche Gebrauch des Gesetzes“ (S. 88) kein Rückfall in die Werkgerechtigkeit ist, sondern die Praxis des Glaubens unter der Anleitung des gnädigen Gottesgebots.

Die „Ausführung“ umfasst neun Kapitel mit je drei Abschnitten zu gleichen Teilen. Jedem der drei Glaubens-Artikel sind drei Kapitel gewidmet. Busch gelingen verblüffende Zu-Ordnungen: So stellt er Auferstehung, Himmelfahrt und Wiederkunft Christi unter das Kapitel „Die Aufrichtung des Menschen“(S. 208ff.), versteht dabei Christi Himmelfahrt als „Die Macht der Liebe“ (S. 217ff.) und Christi Wiederkunft als „Das Recht der Gnade“ (S. 226ff.). Das „Auferstanden-von-den-Toten“ bzw. die „Erhöhung des Menschensohnes“ (S. 208ff.) korrespondiert mit dem „Sehen“ des Menschen: „Wir sahen seine Herrlichkeit“ (S. 213). Mit solcher der Bibel entnommenen Sprache schafft es Busch, das Osterwunder ansprechend, ja: anschaulich zu machen – und Gottes Wahrheit wird konkret. Es ist kein Sehen, das den Glauben ersetzen will (wie bei Thomas), sondern ein Sehen im Glauben, das wahrnimmt, was Gott in seinem Sohn sehen lässt.

Bemerkenswert, welche theologischen Themen Busch in seiner Auslegung des 1. Artikels behandelt: Das Stichwort ‘Vater’ führt ihn zur „kirchlichen Trinitätslehre“ (S. 103), zur „Prädestinationslehre“ (S. 106), zu feministischen Anfragen zum maskulinen Gottesbild (S. 115). Ist von Gott die Rede, ist auch vom „Gebet“ (S. 122ff.), auch vom „Gehorsam“ (S. 129ff.) die Rede: Busch stellt den Zusammenhang zwischen dem 1. Artikel und dem 1. Gebot her. In „Gottes Welt“ (S. 137ff.) geht es zuerst um den „Schöpfer“(S. 137ff.), dann um das Geschöpf – den „Menschen“ (S. 144ff.) –, dann um „Himmel und Erde“ (S. 154ff.): Solche Abfolge ist alles andere als willkürlich. Wer Aktuelles zur Bewahrung der Schöpfung vermisst, muss beachten, was Busch über den Menschen in Gottes Schöpfung sagt: welch schreckliche Anmaßung es wäre, würde der Mensch einen achten Schöpfungstag inszenieren. Buschs Credo-Buch ist aktuell; nicht weil die Aktualität sein Thema wäre, sondern weil der Glaube bzw. das Bekennen des Glaubens aktuell ist und auf aktuelle Herausforderungen reagieren kann – vorausgesetzt der Glaubende weiß, was er bekennt und vor allem, wen er bekennen kann.

Im Abschnitt „Der erwählende Gott“ spricht Busch vom „erst-erwählten“ Israel und von der „hinzu berufenen“ Kirche (S. 113). Israel und die Kirche bezeugen „Gottes Gnadenwahl“ „auf unterschiedliche Weise“: Israel „die Sammlung von Gottes Volk“, die christliche Kirche die „Sendung der Kinder Gottes“ (ebd.). Ob diese Arbeitsteilung wirklich so gewollt ist, kann man fragen. (Dass Busch am christlich-jüdischen Dialog sachkundig und mit durchaus eigenen Einsichten und Äußerungen teilnimmt, ist S. 162ff. nachzulesen.) Den 3. Glaubensartikel entfaltet Busch als Leben: „Leben im Geist“ (S. 237ff.), „Leben im Neuanfang“ (S. 262ff.), „Leben in der Hoffnung“ (S. 285ff.). Zum „Leben im Geist“ gehört die Kirche. (Busch spricht von der „Einkehr“ der Kirche und von ihrer „Offenheit“.) Die Gefahr einer „fremdhörigen Kirche“ (S. 252) wird aufgezeigt – und die unordentliche Praxis der Babytaufe angeprangert.

Am Schluss steht das „Amen“. Noch einmal wird deutlich, dass Glaube „Anerkennung“ dessen ist, was Gott schafft und schenkt. Busch erweist sich – nicht erst im letzten Kapitel – als hervorragender Bibelkenner. Er macht auf „gottesdienstliche Gebetsformeln“ aufmerksam, die sich „namentlich im Römerbrief“ (S. 305) finden – und mit dessen Schlusssatz beendet Busch seine Auslegung des apostolischen Glaubensbekenntnisses: „Dem allein weisen Gott durch Jesus Christus sei die Ehre in alle Ewigkeit. Amen (16,27)“ (ebd.). Hier zeigt sich, wie erbaulich das Buch zu guter Letzt ist: Die theologische Wissenschaft sollte immer auch eine erbauliche Nebenwirkung haben. Trotz des begrenzten Rahmens, den das Buch mit seinen gut 300 Seiten setzt, sagt Busch das Notwendige gründlich und präsentiert das Wissenswerte so, dass jede(r) Interessierte auch ohne theologische Fachkenntnisse es versteht und den „Doketismus“ ebenso erläutert bekommt (S. 193) wie den „Ebjonitismus“ (S. 203).

Erstaunlich, wie Busch die Fülle des Stoffs ordnet. Dass er sich als reformierter Theologe äußert, bleibt nicht verborgen. Barth und Calvin kommen reichlich vor. Legt man die Angaben im Register zugrunde, wird am häufigsten Luther zitiert (S. 313).

Eberhard Busch war und ist ein Lehrer der Kirche – als Prediger und Professor auf Kanzel und Katheder, als Redner bei Gemeinde-Vorträgen, als Gesprächspartner in Ausschüssen und Sprechstunden und ökumenischen Begegnungen, als Autor von Aufsätzen und Büchern. Auch sein Credo-Buch weist ihn als solchen Lehrer aus. Es ist nützlich zu lesen, weil es sich gut informiert und gut informierend in Sachen ‘Bekenntnis’ äußert. Wo die Kirche ihr Bekenntnis kennt und beherzigt, da kann sie verbindlich sagen: „Wir glauben und bekennen ...“, aber dann auch: „Wir verwerfen ...“ Letzteres ist oft genug notwendig. Denn eine Kirche, die in der Gefahr steht, nur überleben zu wollen und – bewusst oder unbewusst – Strategien der Anpassung zu entwickeln, tut gut daran, sich auf ihren Grund zu besinnen und den schmalen Weg nicht zugunsten des breiten zu verlassen.

Walter Herrenbrück

Aus: Amt und Ordination aus reformierter Sicht, reformierte akzente 8, Wuppertal 2005

Amt und Ordination als PDF zum Download bei reformiert-info