Nötig ist ein "inklusiver Arbeitsmarkt", dieser Perspektive von ibus-Direktor Professor Dr. Stefan Sell schließen sich Präses und Bischof in ihrem gemeinsamen Vorwort zur Studie an. Gebraucht werden also auch sinnvolle Beschäftigungsmöglichkeiten für Menschen mit Vermittlungshemmnissen. Präses und Bischof fordern die Politik auf, Langzeitarbeitslose zu fördern.
Damit eine sog. Arbeitsgelegenheit, ein Ein-Euro-Job, eben keine Endstation ist, gibt es einfache Möglichkeiten, macht die Studie deutlich. Die "Vermittlungshemmnisse" lassen sich benennen: Beispiel Lese-, Schreib- und Ausdrucksfähigkeit. Nicht nur Menschen mit Migrationshintergrund brauchen Jobs, durch die sie schriftlos durchkommen - oder eben die Chance, an dieser Stelle nachzulernen. Beispiel Qualifikation: Ein "Holzbearbeiter" ist kein Tischler, da fehlt der Gesellenbrief.
Fehlende und veraltete Qualifikationen, aber auch fehlende Anerkennung von im Ausland erworbenen Berufsausbildungen und -erfahrungen hemmen Zugänge zu Arbeit, so die Studie. Chronische Erkrankungen wie Rheuma und ein fehlender Führerschein sind weitere Beispiele. Nicht zuletzt die Langzeitarbeitslosigkeit selbst wird zum Verhängnis: Wer nicht arbeitet, gerät quasi automatisch in einen "Dequalifizierungsprozess", verlernt berufliches Wissen und Können durch Nichtanwendung.
"Vermittlungshemmnisse" sind überwindbar. Die Studie belegt das an Beispielen: Eine 30-jährige Frau, depressiv erkrankt, sechs Jahre ohne Arbeit, tut sich in der Arbeitsgelegenheit anfangs schwer, kommt wiederholt zu spät oder schwänzt. Doch die Mitarbeiter des Trägers "suchen das Gespräch mit ihr", bieten Unterstützung, erinnern auch an die Pflicht zu regelmäßiger und pünktlicher Teilnahme. Sie Sache gelingt, die junge Frau schafft es, wieder ins Leben einzusteigen.
Noch ein Beispiel: Eine Mittfünfzigerin schließt an die Arbeitsgelegenheit im Pflegebereich sogar eine Zeit der ehrenamtlichen Mitarbeit beim Träger an, darauf folgt wiederum ein Qualifizierungsangebot als Demenzbetreuerin, dann Minijob und schließlich Aufstockungsangebot. Arbeitsgelegenheiten ebnen neuen beruflichen Perspektiven den Weg, so die Studie. Und: "Teilnahme an Arbeitsgelegenheiten kann Teilhabe in verschiedenen Dimensionen vermitteln."
Ein-Euro-Jobs wurden nicht zum ersten Mal untersucht. Allerdings, stellt diese Studie klar, geht es hier nicht darum zu messen, ob sie als Sprungbrett in normale, sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze funktionieren. Nein, hier ist sehr wohl auch im Blick, dass Ein-Euro-Jobber ohne grundlegende Arbeitnehmerrechte dastehen, keinen Lohn erhalten und auch nur befristet beschäftigt werden. "Für die Teilnehmer hat die Arbeitsgelegenheit aus subjektiver Sicht jedoch eine ganz andere Bedeutung", wie es in der Studie heißt. Danach ist der Ein-Euro-Job ein Rettungsanker. Dem tristen Alltag der Arbeitslosigkeit entkommen. Soziale Teilhabe erleben.
Stichwort Inklusion: Für die meisten werde der reguläre Arbeitsmarkt unerreichbar bleiben, so die Studie, die zugleich dafür plädiert, öffentlich geförderte Beschäftigung neu zu gestalten, durch individuelle Förderung mittel- und langfristige Teilhabechancen zu eröffnen.
"Wir können es uns als Gesellschaft nicht leisten, dass Menschen dauerhaft ,abgehängt' werden", betonte Präses Manfred Rekowski bei der Präsentation der Studie in Trier. Prof. Sell verlangte Beschäftigungsangebote "ganz unten" und "ganz außen". Außerdem forderte er eine systematische Nachbetreuung beim Übergang in die Erwerbstätigkeit. Die Befristung müsse "konsequent einzelfallbezogen" gehandhabt werden. Bischof Ackermann sagte über das Projekt, bei dem Betroffene systematisch interviewt worden sind: "Hier wird den Menschen ins Gesicht geschaut
Arbeitsmarktstudie in Tirer vorgestellt: "Den Menschen ins Gesicht geschaut". Pressemitteilung