Evangelische Kirchen Ostdeutschlands im Fusionsfieber

Wegweisende Entscheidungen am Wochenende. Mitteldeutsche und Nordkirche im Entstehen

Die Fusion der Thüringer Landeskirche und der Kirchenprovinz Sachsen perfekt. Mecklenburg und Pommern wollen mit Nordelbien verhandeln. Die "Evangelische Kirche in Mitteldeutschland" wird laut Verfassungsentwurf "eine Kirche der lutherischen Reformation ... mit der Besonderheit eines Reformierten Kirchenkreises".

Auf mehreren Synoden fielen am letzten November-Wochenende Entscheidungen, die das Bild der Evangelischen Kirche in Deutschland verändern könnten. Über die Gründe der Kirchenfusionen wird freilich nicht viel gesprochen. Klar ist aber, dass die sinkenden Mitgliederzahlen zu Kosteneinsparungen zwingen. Erfüllt wird durch die Fusionen aber auch eine Forderung des EKD-Diskussionspapiers "Kirche der Freiheit".

Synode der Kirchenprovinz Sachsen: Zwei-Drittel-Mehrheit für Vereinigungsvertrag erreicht

Die Fusion der Evangelischen Kirche der Kirchenprovinz Sachsen und der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Thüringen ist beschlossen. Der Vertrag zur Vereinigung der beiden Landeskirchen hat auf der Synode der Kirchenprovinz die erforderliche Zwei-Drittel-Mehrheit erreicht. 56 der 79 Parlamentarier votierten für die Vereinigung, 22 stimmten mit Nein, ein Synodaler hat sich enthalten. Damit wird es zum 1. Januar 2009 eine Vereinigte Evangelische Kirche in Mitteldeutschland (EKM) geben. Wider Erwarten haben die Kirchenparlamentarier bereits am Freitagnachmittag über den Vereinigungsvertrag abgestimmt, statt wie vorgesehen am Samstagvormittag.

Zur Frühjahrssynode der Kirchenprovinz war die Zustimmung zur Vereinigung um zwei Stimmen verfehlt worden. Die Synode der Thüringer Landeskirche hatte dem Vereinigungsvertrag im April zugestimmt. Die gemeinsame Kirche wird einen Bischof, eine Synode, eine Kirchenleitung sowie eine oberste Verwaltung an einem Ort haben. Der Bischof wird in Magdeburg seinen Sitz haben, das Kirchenamt in Erfurt.

In einer ersten Reaktion vor den Synodalen begrüßte der Bischof der Kirchenprovinz Sachsen, Axel Noack, die wegweisende Entscheidung: „Ich freue mich sehr über die getroffene Entscheidung, die unserer Kirche neue Möglichkeiten und mehr Gestaltungsspielraum geben wird.“

Christoph Kähler, Landesbischof der Thüringer Landeskirche, äußerte sich in Eisenach: „Ich freue mich sehr, dass wir jetzt wissen, wohin die Reise geht. Diese Entscheidung ist ein großer Gewinn für die evangelische Kirche und ihre Gemeinden in Mitteldeutschland.“

Verhandlungen für eine 'Nordkirche' können aufgenommen werden.

Plau am See (ran). Die mecklenburgische Landessynode hat sich am frühen Samstagvormittag mit Zweidrittelmehrheit für die Aufnahme von Fusionsverhandlungen mit der Pommerschen und der Nordelbischen Kirche ausgesprochen: 43 Synodale stimmten für die Vorlage der Kichenleitung und 10 stimmten dagegen. Die Synode nahm auch einen Antrag des Theologischen Ausschusses an, der der Kirchenleitung für die Verhandlungen einige Punkte mit auf den Weg gab.

Greifswald (pek). Die Landessynode der Pommerschen Evangelischen Kirche hat sich am Sonntagnachmittag in geheimer Abstimmung mit mehr als Zweidrittelmehrheit für die Aufnahme von Fusionsverhandlungen mit der Mecklenburgischen und der Nordelbischen Kirche ausgesprochen: 42 Synodale stimmten für die Vorlage der Kirchenleitung und 12 Synodale stimmten dagegen.

Nach diesem zustimmenden Votum der pommerschen und der mecklenburgischen Landessynode vom Vortag entscheidet nun am kommenden Wochenende die nordelbische Landessynode über Fusionsverhandlungen zur Bildung einer evangelischen Kirche im Norden.

In den Verhandlungen soll nun ein Fusionsvertrag erarbeitet werden, der „ein verbindliches Verfahren mit dem Ziel [vorsieht,] bis zum Jahr 2011 eine Vorlage für eine gemeinsame Verfassung den Synodalen zur Beschlußfassung vorzulegen.“

Dieser Fusionsvertrag soll den drei Landessynoden im September/Oktober 2008 zur Entscheidung vorgelegt werden.

Bischof Dr. Hans-Jürgen Abromeit sagte zu diesem Beschluß: "Es war ein weiter Weg bis zu dieser Entscheidung. Wir haben Alternativen geprüft und diese in vielen Informationsveranstaltungen im Frühjahr und Herbst der Öffentlichkeit, den Gemeinden und Kreissynoden zur Diskussion vorgestellt."

Ich freue mich, daß wir nun endlich Klarheit für den künftigen Weg unserer pommerschen Kirche haben. Jetzt können wir mit der mecklenburgischen Nachbarkirche und unserer nordelbischen Partnerkirche gemeinsam über eine Kirche im Norden verhandeln. Das wird kein einfacher Weg werden, da er allen Kirchen Veränderungen abverlangt. Aber wir haben in den Sondierungsgesprächen vertrauensvolle Grundlagen für diesen Prozeß geschaffen.

Nach der Grundsatzentscheidung haben die Synodalen der Kirchenleitung einige Punkte für die möglichen Fusionsverhandlungen mit auf den Weg gegeben.

So soll sich die Kirchenleitung dafür einsetzen, „sich in den Gesprächen mit der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Mecklenburgs (ELLM) und der Nordelbischen Evangelisch-Lutherischen Kirche Nordelbiens (NEK) für den dauerhaften Erhalt eines Bischofssitzes in Greifswald einzusetzen.“ Sollte dies nicht erreicht werden können, so soll der Übergangszeitraum „aus noch drei Amtszeiten bestehen.“

Ebenfalls wird die Kirchenleitung beauftragt, daß „die Mitgliedschaft in der regionalen Arbeitsgemeinschaft christlicher Kirchen (ACK)“ erhalten bleibt.“

Außerdem soll die Kirchenleitung die in den „grundsätzlichen Elementen“ formulierten „Bekenntnisgrundlagen hinsichtlich des Ordinationsvorhaltes bedacht werden.“

Weiterhin fragt die Synode welche Konsequenzen „die Mitgliedschaft des zukünftigen pommerschen Kirchenkreises in der Union Evangelischer Kirchen (UEK) für diesen Kirchenkreis und für die Nordkirche insgesamt“ hat.