Professor Link nimmt Stellung zu Kreationismus und „Intelligent Design“

„Der Anspruch des ‚Intelligent Design’, das Wirken Gottes beweisfähig zu machen, ist zum Scheitern verurteilt.“

Für Dr. Christian Link, Professor für Systematische Theologie an der Universität Bochum, ist die Theorie des aus den USA stammenden „Intelligent Design“ (auf Deutsch: intelligenter Entwurf) allerhöchstens eine „sympathische These“.

Warum „Intelligent Design“, eine neuere Spielart des Kreationismus,  nicht mehr als eine nettes Gedankenspiel sei, erläuterte Prof. Link auf dem Schulleiterbegegnungstag der Lippischen Landeskirche am Montag, 3. November, in der Tagungsstätte Haus Stapelage.

Der Kreationismus sei im Kommen, sagte zunächst Schulreferent und Landespfarrer Tobias Treseler in seiner Begrüßung vor etwa 70 Schulleitern, leitenden Persönlichkeiten der Lippischen Landeskirche sowie Schulpfarrern. So fühlten sich etwa 15 Prozent der Lehramtsstudenten in Nordrhein-Westfalen von „kreationistischen Ideen“ angezogen. Es gelte, diese Entwicklung aufmerksam zu verfolgen und ihr argumentativ zu begegnen. Der Bochumer Hochschullehrer Christian Link führte dazu aus, dass der sogenannte Kreationismus bestimmte wissenschaftliche Theorien kritisch betrachte oder gar ablehne. Dies beziehe sich vor allem auf die Darwinsche Evolutionstheorie. Das kreationistische Hauptargument sei, dass Gott die Welt erschaffen habe, wie die Bibel es wörtlich berichte. Die biblischen Schöpfungsberichte seien allerdings mehrere Jahrhunderte vor Christi Geburt geschrieben worden. Damals habe kein Mensch gewusst, dass es eine evolutionäre Entwicklung des Lebens geben könne. Folglich gebe es keine evolutionsbiologischen Gedankengänge im Alten Testament. Prof. Link: „Wir leben in einer anderen Zeit und nichts kann uns nötigen, die Bibel als ein physikalisches oder biologisches Lehrbuch zu lesen.“

Die Aussagen der Bibel zur Schöpfung seien keine Augenzeugenberichte, sondern Erzählungen, um das Volk Israel an die Nähe und Allgegenwart Gottes zu erinnern, insbesondere während der babylonischen Gefangenschaft. Der biblische Schöpfungsbericht sei schon zur Zeit seiner Niederschrift nicht als Tatsachenbehauptung gemeint gewesen, sondern als Bekräftigung des Glaubens „in einer zerbrechenden Welt über den Trümmern Jerusalems“. Prof. Link: „Das Reden von Schöpfung und Schöpfer ist das Reden des bedrohten Menschen in einer bedrohten Welt, nicht die Frage des Intellektuellen nach der ersten Ursache des Universums.“

Im Gegensatz zum konservativen Kreationismus anerkenne das „Intelligent Design“ als dessen neuere Spielart die Evolutionstheorie. Die Theoretiker des „Intelligent Design“ würden jedoch darauf verweisen, dass es einige unerklärliche naturwissenschaftliche Erscheinungen gebe, ohne die kein irdisches Leben möglich sei. Prof. Link: „Wäre die Gravitationskonstante nur zwei Stellen hinter dem Komma kleiner, könnte die Erde ihre Atmosphäre nicht festhalten. Wäre der Urknall nur geringfügig stärker oder schwächer ausgefallen, gäbe es uns auch nicht. Reine Zufälle?“

Es habe jedoch nichts mit Religion oder dem Glauben zu tun, sagte Link, aus diesen naturwissenschaftlichen Erscheinungen auf eine intelligente Ursache beziehungsweise einen eingreifenden Schöpfer schließen zu wollen. Eine solche Schlussfolgerung sei eine „Überschätzung der Naturwissenschaften“. Der christliche Glaube bedürfe nicht des „indirekten Gottesbeweises“, wie die „Intelligent Design“-Theoretiker ihn behaupteten. Der Bochumer Theologe: „Von der Gewissheit, dass die Welt ‚durch Gottes Wort geschaffen ist’ kann man nur herkommen. Sie ist nicht das Resultat möglicher Schlussfolgerungen.“

Christen würden Gott aus anderen Quellen kennen als aus der Physik: zum Beispiel aus Bibel und Gottesdienst. Für Christen - auch für die Naturwissenschaftler unter ihnen - sei es unbestritten, dass die Welt eine theologische Bedeutung habe. In dieser Hinsicht sei das „Intelligent Design“ als These zwar „sympathisch“, aber für den Glauben entbehrlich. Unentbehrlich hingegen sei für Christen der Versuch, die Spuren göttlichen Wirkens in der Schöpfung wiederzufinden. Prof. Link formulierte dies Bestreben unter sinngemäßer Berufung auf ein Zitat von Dietrich Bonhoeffer: „Wir müssen Gott in der Mitte des Lebens anbinden und nicht am Rande irgendwo.“

Bild: Kirchenrat Andreas-Christian Tübler (links) und der landeskirchliche Schulreferent, Landespfarrer Tobias Treseler (rechts) begrüßten Prof. Dr. Christian Link und leitende Regierungsschuldirektorin Mechthild Krämer auf dem Schulleiterbegegnungstag.


Pressestelle der Lippischen Landeskirche