Kirchenasyl wird in Bayern kriminalisiert

Gegen eine lutherische Pfarrerin in Haßfurt wird ermittelt


Die Evangelisch-reformierte Kirche in Bayreuth, in der auch schon Kirchenasyl stattfand (Foto: Rieger)

Präses Simon Froben und das Bayreuther Presbyterium, die selbst in ihrer Gemeinde schon Kirchenasyl gewährt haben, nehmen zu diesem Fall in einer Pressemiteilung Stellung.

Simon Froben, Präses der Evangelisch-reformierten Kirche in Bayern und des Synodalverbandes XI (Süddeutschland) schreibt:

"Die Bamberger Staatsanwaltschaft ermittelt gegen eine Pfarrerin aus Haßfurt, da „sie den Behörden als Hauptverantwortliche für ein Kirchenasyl genannt wurde“. Die Ermittlungen sind leider kein Einzelfall. Über 30 Verfahren wurden in Bayern gegen Asylsuchende und Pfarrer*innen eröffnet, auch in Bayreuth.
Erste Bußgelder wurden verhängt.

Für Kirchengemeinden kann die staatsanwaltschaftliche Drohgebärde nur eine Konsequenz nach sich ziehen: „Jetzt erst recht! Und wenn es sein muss auch laut und öffentlich!“. Kirchenvorstände gleich welcher Konfession können sich um ihrer eigenen Glaubwürdigkeit willen nicht die Option nehmen lassen, Schutzsuchenden zu helfen – und sei es im Härtefall auch durch den „Rechtsbruch“ der Gewährung eines Kirchenasyls.

Die Zahl der Kirchenasyle ist seit 2014 angestiegen, jedoch bei weitem nicht in dem Maße wie die Asyl und
Abschiebeverfahren. Dabei wird mit einem Kirchenasyl ausdrücklich nicht das geltende Recht oder die Rechtshoheit an sich in Frage gestellt. Wenn aber Menschen im Falle einer Abschiebung in einem anderen Land von willkürlicher Gefangennahme und Gewalt, durch Krieg oder Krankheit unmittelbar an Leib und Leben bedroht sind, so sind das je einzeln begründete Härtefälle, für die als letzter Ausweg zum Schutz menschlichen Lebens auf die jahrhundertealte Rechtstradition des Kirchenasyls Bezug genommen wird. Nur in den dunkelsten Zeiten unserer Geschichte wurde diese Ultima Ratio nicht zumindest geduldet.

Mit den derzeitigen Ermittlungen distanziert sich der Freistaat Bayern ausdrücklich von einer Vereinbarung, die im Februar 2015 zwischen dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge und den Kirchen getroffen wurde. Demnach werden Kirchenasyle unter der ausdrücklichen Bedingung der Ultima Ratio geduldet und die Härtefälle, die durch das Kirchenasyl angezeigt sind, können zeitnah überprüft werden. Dieses kooperative Verfahren hat sich bundesweit bewährt. Nur in Bayern drohen nun sogar Haftstrafen für Schutzbedürftige wie für Helfende. Kirchlich gewissenhaft verantwortete Hilfe und Schutzsuchende in ihrem Schicksal werden nicht anerkannt, sondern kriminalisiert.

Es bleibt zu hoffen, dass schon bald weiterführende Lösungswege gefunden werden. Niemand hat Interesse an einer Vielzahl von Kirchenasylen, nicht der Staat und seine Behörden, nicht die Kirchengemeinden und die Helferkreise und erst recht nicht die betroffenen Schutzsuchenden, die sich zum Teil über Monate wie in einem Gefängnis in der Obhut und Verantwortung einer Gemeinde befinden. Und niemand kann ein Interesse haben an der Konfrontation zwischen dem Staat und Kirchengemeinden, die den „Bekenntnisstand“ ausrufen.

Die entscheidende Frage ist nicht die Frage nach der Legitimität des Kirchenasyls. Die entscheidende Frage ist die, wie besondere Härtefälle verlässlich erkannt und ohne Kirchenasyl angemessen und sicher geregelt werden können."

Simon Froben / gr

Artikel über die Ermittlungen im Sonntagsblatt für Bayern