Brief an Markus Söder

Evangelisch-Reformierte Kirche versucht 70. Abschiebung nach Afghanistan zu verhindern


'Härte, die an Willkür grenzt': Martin Heimbucher hat die Flüchtlingspolitik in Bayern scharf kritisiert

Danial M. lebt seit fast drei Jahren als vollintegrierter Flüchtling aus Afghanistan in Deutschland. Nun soll er abgeschoben werden. Die Evangelisch-reformierte Kirchengemeinde Bayreuth gewährt ihm Kirchenasyl.

Mit einem Brief an Ministerpräsident Markus Söder und Innenminister Joachim Hermann (beide CSU) hat Kirchenpräsident Martin Heimbucher die Flüchtlingspolitik in Bayern kritisiert. In dem Schreiben ruft er dazu auf, den 22-jährigen Afghanen nicht abzuschieben, der seit dem 6. Juli in der Evangelisch-reformierten Kirchengemeinde Bayreuth im Kirchenasyl ist, wie Heimbucher am Sonntag im ostriesischen Leer, dem Sitz der reformierten Kirche, mitteilte.

Heimbucher betonte, er unterstütze die Kirchengemeinde, die ihre Entscheidung für das Kirchenasyl nach eingehender Überlegung und Beratung getroffen habe. "Ich will damit nicht die generelle Befugnis staatlicher Behörden in Abrede stellen, ausreisepflichtige Ausländer in ihr Heimatland zurückzubringen", sagte er. "Aber ich wende mich entschieden dagegen, dass die Bayerische Staatsregierung mit der Abschiebung von Afghanen ganz offensichtlich ein Exempel statuieren wollte, ungeachtet der menschlichen Härte, die das für einzelne Flüchtlinge, aber auch für haupt- und ehrenamtliche Helfer bedeutet hat."

Die im Asylverfahren angegebene Begründung sei "naiv und leichtfertig". Das Presbyterium der Gemeinde sei deshalb überzeugt, dass in diesem Fall die christliche Pflicht zur Nächstenliebe es fordert, sich über formales Recht hinwegzusetzen.

Danial M. kam im Oktober 2015 mit seinen Eltern und Geschwistern aus Afghanistan nach Deutschland. Für seine Familie besteht ein Abschiebeverbot. Für ihn soll das allerdings nicht gelten, da er bei der Einreise bereits volljährig war. Am Dienstag, dem 3. Juli habe die Polizei die Wohnung der Familie von Danial M. aufgesucht, schilderte Heimbucher. Der Afghane sei da jedoch bereits auf dem Weg zur Schule gewesen, in der er eine Ausbildung absolviere. Der junge Mann gehöre der schiitischen Minderheit der Hazara an, die in besonderer Weise dem mörderischen Hass der Taliban ausgesetzt sei.

Überdies sei der 22-Jährige gut integriert. Danial hatte privat Deutschunterricht genommen und sich bereits erfolgreich um einen Ausbildungsplatz beworben. "Ihn abschieben zu lassen und von seiner Familie zu trennen wäre eine Härte, die an Willkür grenzt", so Heimbucher.

Mit dem Schreiben an Markus Söder und an den Joachim Hermann appelliere er dazu, dass sich die beiden Politiker im Fall von Danial M. und in vergleichbaren Fällen dafür einsetzen, dass solchen Menschen eine Bleibeperspektive in Deutschland ermöglicht wird. "Die Bayerische Landesregierung hat kürzlich angeordnet, dass in allen staatlichen Behörden in ihrem Bundesland das Kreuz aufgehängt werden soll", so Heimbucher. "Ich setze voraus, dass die Landesregierung dies nicht als Wahlkampf-Aktion verstanden wissen will, sondern dass es ihr ernst ist mit dem Kreuz als einer Verpflichtung zur Humanität."


EvRK/ime
Bundesarbeitsgemeinschaft Asyl in der Kirche (BAG) kritisiert Sanktionen

Die Praxis des Kirchenasyls soll erschwert und sanktioniert werden: Im Juni beschloss die Innenministerkonferenz der Länder, die Überstellungsfrist nach der Dublin III-Verordnung für Menschen im Kirchenasyl um ein Jahr zu verlängern, wenn für die Behörden keine außergewöhnliche Härte erkennbar wird.