Johannes Calvin und der Kapitalismus

Das Wichtigste zum Thema auf einer Dollarnote

Calvin ist nicht der ''Vater des Kapitalismus''. Er kämpfte gegen Ausbeutung, Spekulation, Habsucht und Wucherzinsen. Der wirtschaftliche Erfolg einzelner calvinistischer Gruppen gründet in ihrer Situation als Flüchtlinge, die neue Technologie und Know-how aus ihren Heimatländern weiter verbreiteten.

Der Text zum Bild aus dem Calvin-Kugelschreiber in der Calvin-Kiste:

Das Portrait Johannes Calvins (1509-1564) auf einer 50-Dollar-Note? Ehrt der amerikanische Kongress den Genfer Reformator zum 500. Geburtstag? Nein, natürlich nicht. Aber seit mehr als 100 Jahren wird behauptet, Calvin habe mit seinen Ideen zur Entstehung des modernen Kapitalismus beigetragen. Die Calvinisten, so die Behauptung, seien von der Frage getrieben, ob sie von Gott erwählt seien. Durch rastloses Arbeiten würden sie deshalb versuchen, der Ehre Gottes zu dienen. Und an den Früchten ihrer Arbeit glaubten sie, ihre Erwählung ablesen zu können. Diese These ist in der Wissenschaft längst widerlegt.

Es gibt keinen Zusammenhang zwischen einer calvinistischen Lebensführung und der Entstehung des modernen Kapitalismus! Vielmehr ist der wirtschaftliche Erfolg einzelner calvinistischer Gruppen eher damit zu erklären, dass die vielfach verfolgten Calvinisten (Hugenotten) bei ihrer Flucht auf den Handelswegen unterwegs waren und neben Kontakten neue Technologien und Know-how aus ihren Heimatländern mitbrachten. Außerdem gehen Flüchtlinge häufig anders, d. h. wenig verschwenderisch und zielstrebiger mit finanziellen Ressourcen um.

Auch Calvin selbst kann nicht als Vater des modernen Kapitalismus gesehen werden. In Genf war er nämlich darum bemüht, die negativen Folgen großer wirtschaftlicher Unterschiede einzudämmen. Er kämpfte zum Beispiel gegen Ausbeutung, Spekulation, Habsucht und Wucherzinsen. Dazu Johannes Calvin im Originalton:

Wir sind es gewohnt, Geld auszuleihen, wo es sicher ist. Wir sollen aber den Armen helfen, wo unser Geld mit Risiko angelegt ist. Die Worte Christi (Lukas 6, Vers 35) sind nämlich so zu verstehen, stärker den Armen beizustehen als den Reichen.


Achim Detmers