Diakonie in der Verantwortung

Mit neuen Netzwerken wichtige Teile der sozialen Infrastruktur sichern

Kreis Lippe/Bad Meinberg. Die Folgen des demographischen Wandels sind direkt ablesbar an den Veränderungen der Wohnquartiere und Stadtteile: Wohnungs- und Geschäftsleerstände nehmen zu, Immobilienpreise sinken, Schulen schließen, Kirchengemeinden geben Kirchengebäude und Gemeindezentren auf. Wie kann es vor diesem Hintergrund diakonischen Einrichtungen und Kirchengemeinden gelingen, in den Quartieren präsent zu bleiben und ihre Angebote dem veränderten Bedarf anzupassen?

Mit diesen Fragen beschäftigte sich Christiane Grabe, Referentin bei der Diakonie Rheinland-Westfalen-Lippe, in einem Vortrag in Bad Meinberg (am Donnerstag, 19. Januar), während eines Workshops des Diakonischen Werks der Lippischen Landeskirche. Vertreter diakonischer Einrichtungen, der Landeskirche und Kirchengemeinden entnahmen den Worten der Referentin, dass es der Diakonie als „Sozialdienstleister“ gelingen kann, im Verbund mit örtlichen Akteuren die Folgen des Demographiewandels prägend zu gestalten.

Christiane Grabe berichtete von einem dreijährigen Modellprojekt u.a. im großstädtischen Essen und im ländlichen Grefrath, wo es gelungen sei, wichtige Teile der sozialen Infrastruktur durch den Aufbau neuer Netzwerke zu sichern. Grabe sieht bei Kirche und Diakonie eine hohe Verantwortung für die Daseinsvorsorge in den Quartieren: „Kirchengemeinden schließen Standorte, weil finanzielle Mittel zur Erhaltung fehlen.“ Damit gingen den Wohnvierteln Treffpunkte verloren. Es gebe aber die Möglichkeit, Gemeindezentren oder Kirchen zum Beispiel für sozialverträgliche Nutzungen umzubauen.

In Essen sei es in Zusammenarbeit von Stadt, Wohlfahrtsverband, Kirchengemeinde und Wohnungswirtschaft geglückt, ein bereits geschlossenes Gemeindehaus wiederzubeleben. Zu finden seien dort nun ein Betreuungsangebot für Menschen mit Demenz, offene Treffpunkte und kulturelle Angebote wie eine Theatergruppe, ein „Schlager-Café“ (Tanznachmittag) und ein „Koch-Treff“. Zur  Finanzierung solcher Angebote könnte das Gespräch mit der Kommune, der Arbeitsagentur und der örtlichen Wohnungswirtschaft gesucht werden.

Im Ortsteil Oedt der niederrheinischen Gemeinde Grefrath habe das Modellprojekt der Quartiersentwicklung einen „Stimmungswechsel“ innerhalb der Bürgerschaft herbeigeführt. Aufbauend auf vorhandenen Vereins- und Nachbarschaftsstrukturen sei es gelungen, u.a. einen Bürgerstammtisch, eine Ehrenamtsbörse, ein Straßenfest und eine Nahversorger-Initiative anzuregen. Das Seniorenzentrum habe sich nicht nur in „Nachbarschaftszentrum“ umbenannt, sondern sich zudem aktiv in den Prozess der Revitalisierung des Ortes eingebracht. Ein Schlüssel für die zukunftsfähige Entwicklung sozialer Infrastruktur sei die aktive Bürgerbeteiligung. So könne am besten gewährleistet werden, dass neue Angebote auch Nachfrage fänden.

In den anschließenden Gruppengesprächen wurde deutlich, dass es auch in Lippe bereits Ansätze gibt, in denen Kirchengemeinden und/oder diakonische Einrichtungen quartiersbezogen arbeiten. So gibt es in Wüsten traditionell eine enge Verbindung zwischen dem Ort, seinen Einrichtungen und dem Stift zu Wüsten. Und in der Kirchengemeinde Detmold-West wird das Gemeindezentrum zunehmend zu einem Nachbarschaftstreff mit vielen sozialen Angeboten. Die Erfahrungen laden ein, in dieser Richtung weiter zu denken.


Pressemeldung der Lippischen Landeskirche, 24. Januar 2012