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GEKE: Auftakt zum Forum „Kirchen Europas im Aufbruch“ - Sechs protestantische Kirchen präsentieren Ansätze

''Welche Milieus erreichen wir noch?''

Zum Auftakt des „Forumstags“ präsentierten sechs Mitgliedskirchen der Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa ihre Strategie angesichts sich verändernder Rahmenbedingungen. Die GEKE widmet insgesamt einen ganzen Sitzungstag der Vollversammlung in Florenz der Frage, wie der Aufbruch der protestantischen Kirchen Europas in spiritueller, soziologischer und organisatorischer Hinsicht aussehen könnte.

Laurent Schlumberger von der reformierten Kirche Frankreichs ortete ein dringendes Bedürfnis der Menschen heute nach Zeugenschaft: „Unsere Gesellschaft will keine belehrenden Kirchen mehr. Gesucht sind authentische Zeugen, die zeigen, was ihnen im Leben wichtig ist.“ Gefragt sei eine gegenwartsnahe Art der Evangeliumsverkündigung. Seine Kirche habe in Rückbesinnung auf die Quelle allen Glaubens das Projekt „Hört – Gott spricht zu uns“ ins Leben gerufen mit dem Ziel, das Hören des Wortes Gottes mit neuen Erfahrungen des gemeinsamen Hörens zu ermöglichen.

„In schweren Zeiten waren unsere Kirchen gut besucht“, berichtet Ana Palik-Kuncak von der Methodistischen Kirche in Serbien mit Bezug auf den noch nicht allzu lang zurückliegenden Balkankrieg. Gleichgültigkeit, Hoffnungslosigkeit und die Schwierigkeit, bis zu vier Sprachbereiche abdecken zu müssen, seien heute die größten Herausforderungen für die Arbeit ihrer Kirche. „Erneuerung erfordert auch neue Methoden“, sagt Palik-Kuncak und berichtet von gezielten Maßnahmen auf Gemeindeebene. So sei der erste kirchliche Kindergarten überhaupt in Serbien gegründet worden. Auch die Arbeit für und mit der Volksgruppe der Roma zeige erste Früchte, etwa wenn Mitgliedern eines Bläserchors durch musikalische Begleitung von Beerdigungen ein bescheidenes, aber regelmäßiges Einkommen ermöglicht werde. „Auch wenn nicht alle gleich am nächsten Sonntag in den Gottesdienst kommen – es geht aufwärts“, sagt Ana Palik-Kuncak.

„Welche Milieus erreichen wir noch?“ Die demografische Entwicklung, dargestellt am Beispiel des Kantons Zürich in der Schweiz, werde für die Kirchen zur Belastung. Gemeinden würden kleiner und älter. „Kirchenmitgliedschaft durch Vererbung ist vorbei“, konstatiert Gottfried Locher vom Schweizerischen Evangelischen Kirchenbund. „Die Kirchen müssen aktiv auf die Menschen zugehen.“ Der Alltag der Menschen und kirchliches Leben berührten sich immer weniger und die Kirchen hätten Probleme, Kontakt zu neuen Milieus zu finden. Die vielzitierte „bürgerliche Mitte“, junge, konsumorientierte Arbeiter- und Angestelltenschichten und postmateriell Eingestellte fänden gegenwärtig keine Beheimatung in einer Kirche. Das gehe aus einer Studie des Schweizerischen Evangelischen Kirchebundes mit dem Institut Sinus hervor. Und auch wenn jede Studie viele Fragen offen lasse, würden doch wichtige Fragen aufgeworfen, so Locher: „Welche Alltags- und Lebensbezüge können wir herstellen? Was sind die konkreten Bedürfnisse dieser Menschen?“

Die Evangelische Brüderunität in zehn europäischen Ländern stammt aus Migrationsbewegungen von Handwerkern im 18. Jahrhundert und repräsentierte insgesamt ein bildungsbürgerliches Milieu. „Bürgerliches Barock wurde das genannt“, berichtet Benigna Carstens. Auch diese Bevölkerungsschicht wurde zahlenmäßig immer kleiner. „Wir schöpfen neue Milieus aus neuen Migrationsbewegungen“, so Carstens. Die neuen Mitglieder, primär aus Suriname, würden die traditionell geprägte Gemeindelandschaft durchaus auch vor Herausforderungen stellen, etwa würden Synoden mehrsprachig ablaufen. Aber, sagt Carstens: „In dieser Umgebung werden Milieus aufgelöst. Fast möchte ich das Wort Osmose verwenden.“ Ein wichtiges Vorhaben ihrer Kirche sei 2013 das 150jährige Jubiläum des Endes der Sklaverei in Suriname. Und Carstens appelliert: „Wir müssen eine Sprache finden, die auch nicht kirchlich Sozialisierte verstehen!“

Während anderswo der Mitgliederschwund im Vordergrund steht, ist John McPake von der Church of Scotland mit einer zu geringen Zahl an Pfarrern konfrontiert. „Die Situation wird in den nächsten Jahren noch schlimmer, weil 75 Prozent der derzeitigen Pfarrer in den Ruhestand treten werden.“ Die Church of Scotland versucht, diesem Umstand mit einer neuen Art des Amtes entgegenzutreten, dem „ordinierten lokalen Amt“. Bis zu 50 Personen sollen auf lokaler Ebene und in intensiver Zusammenarbeit mit anderen nach einem Kurs und begleitendem in-service-Training für dieses neue Amt gewonnen werden.

Auf organisatorische Erneuerung „mit einem gewissen Mut“ setzt die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau. Kirche müsse sich vor Ort unterschiedlich entwickeln dürfen, erläutert Friedhelm Pieper. „Eine Kirchengemeinde mitten in Frankfurt steht vor anderen Herausforderungen als eine Gemeinde mit dörflicher Struktur.“ Zusätzlich denke und handle unsere Gesellschaft immer mobiler, so daß nicht mehr ausschließlich das eigene Dorf oder der eigene Stadtteil bestimmendes Lebensumfeld sei. Die Region, im Falle der EKHN das Dekanat, könne daher in Zukunft eine deutlich wichtigere Rolle spielen, da es am besten die Erfordernisse der Kirche vor Ort feststellen und auch steuern könne. Daher müßten „zentrale“ Kompetenzen an die Region vor Ort abgegeben, diese aber gleichzeitig auch entsprechend ausgestattet werden, etwa mit Pfarrstellen. Parallel soll in der EKHN die Zahl der Dekanate reduziert werden, ihre zukünftige Größe jedoch ausreichenden Handlungsspielraum sicherstellen.


Pressemeldung der GEKE, 25. September 2012
 

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