Calvin und die Frauen. Ein Gespräch

War Calvin ein Frauenversteher? Oder doch ein Macho?

Klaus Bröhenhorst hat Johannes Calvin getroffen und ihn mit seinen eigenen Zitaten konfrontiert.

„Alle denkbaren Unterschiede gleicht die Gemeinschaft mit dem einen Christus aus.“[1]

Wer das Urteil Oskar Pfisters im Ohr oder vor Augen hat, nämlich: Calvin sei ein „der Liebe verschlossener Sadist gewesen“[2] -eine Meinung, die Audin teilt: „Calvin hat nie geliebt“[3]- der muss davon ausgehen, bei der Recherche des Verhältnisses Calvins zu Frauen auf wenig Erquickliches zu stoßen; falls sich diese Recherche denn überhaupt lohnt. Just das aber ist der Fall. Calvin im O-Ton gelesen weiß genug und weiß auch Erquickliches von Frauen zu sagen.

Ob er deshalb gleich als „Feminist unter den Reformatoren“[4] bezeichnet werden muss? Nun, diese Frage zu stellen, heißt, sie zu verneinen. Ist doch die Kategorie „Feminist“ für einen Menschen des 16. Jahrhunderts schlicht unangemessen und als Versuch, den Genfer Reformator für Positionen des 20. bzw. 21 Jahrhunderts zu reklamieren, abzu-weisen[5]. Unter der Voraussetzung freilich, dass Calvin „nicht etwa fertig, abgeschlossen, tot, eingesperrt in das Gefängnis der Jahre 1509-1564“ ist, sondern dass es „eine fortdauernde Geschichte Calvins“[6] gibt, scheint ein Gespräch mit dem Genfer Reformator nicht nur möglich, sondern verspricht sogar, interessant zu werden – just auch in puncto Frauen ... Aber urteilen Sie selbst!

KB: Herr Calvin, haben Sie je geliebt? Ich meine, nicht nur Bücher... äh...

Calvin: Verstehe. Ja, ich habe geliebt. Besonders meine Frau Idelette, mit der ich fast neun Jahre verheiratet war. Dabei war ich bekanntlich zum einen schüchtern, zum anderen wählerisch. Aber Idelette, die ich schon länger kannte, gefiel mir. Wir waren in enger Partnerschaft verbunden. Grundsätzlich schreibe ich einmal an Falais, dass die Liebe vorherige Bekanntschaft fordert und dass die Ehen nie glücklich seien, wenn sie nicht auf gegenseitiger persönlicher Erklärung beruhten und man darüber gesprochen habe, was jeder Teil vom anderen verlangt.[7] Sie können das nachlesen...

KB: Danke, danke. Aber war Ihnen Idelette denn wirklich eine Hilfe?

Calvin: Gewiss. Sie trug das Werk der Reformation voll mit. In meiner Korrespondenz wird sie immer wieder erwähnt, ist Ziel von Grüßen und lässt auch selber Grüße übermitteln.[8] „Wäre mir etwas Schlimmes widerfahren, sie hätte nicht nur willig Verbannung und Armut mit mir geteilt, sondern auch den Tod.“[9]

KB: So lange freilich währte Ihr Glück nicht...?

Calvin: Nein. Wir mussten viele Schicksalsschläge hinnehmen. Schon bald nach der Hochzeit erkrankte ich schwer. 1542 wurde unser einziges gemeinsames Kind geboren, Jacques[10], und starb kurz nach der Geburt. Idelette hat sich davon nie wieder erholt. Ihr Tod am 29. März 1549 war ein schwerer Schlag für mich. Ich war dabei, als sie starb, und sprach zu ihr von Christi Gnade, der Hoffnung des ewigen Lebens, von der Heimkehr, dann nahm ich meine Zuflucht im Gebet.[11] Ich habe Idelette nie vergessen, habe auch nicht wieder geheiratet. Ich musste kämpfen, „dass mich das Leid nicht ganz erdrückt.“[12] Noch Jahre später bekenne ich, dass Idelette „täglich“[13] bei mir ist. Aber das wird mir jetzt zu persönlich.

KB: Gut. Verlassen wir das Persönliche und kommen zum Grundsätzlichen, zu „Mann und Frau“. Es gibt Stimmen, die sagen, dass die Frau - in Ihrer Meinung nach – „innerweltlich keinen Anteil an der Ebenbildlichkeit Gottes hat…Die Frau…könne nur durch Unterwerfung unter ihren Mann zu Christus kommen.“[14] Ist das korrekt so?

Calvin: Überhaupt nicht. Wer sagt das? Ich sag´s jedenfalls nicht. Im Gegenteil. Ich verstehe das Zueinander von Mann und Frau grundsätzlich komplementär und in Hinblick auf Gott als gleichbegnadet. Mann und Frau „sind... doch aufeinander angewiesen! Voneinander getrennt gleichen sei verstümmelten Gliedmaßen eines gewaltsam zerrissenen Körpers.“[15] „Denn beide, Mann und Weib, sind nach Gottes Bilde geschaffen, und wenn Paulus uns eine Erneuerung zu diesem Ebenbilde zumutet (Kol.3,10), so meint er damit das Weib gleicherweise wie den Mann.“[16] Die Frau muss sich auch keineswegs den Himmel durch Nachkommenschaft verdienen, wie es ein Kollege von mir ähnlich ´mal gesagt hat.[17] „Die Pflicht der beiden Geschlechter ist eine gegenseitige.“ Die Frau „ward dem Manne… als ganz persönliche Begleiterin durchs Leben gegeben, und der Segen des Ehestandes erstreckt sich auf alle Lebens-beziehungen.“ Um es dem Adam in den Mund zu legen, als er Eva erblickt: „…ich schaue gleichsam mein anderes Ich.“[18]

KB: Ich will Ihnen nicht zu nahe treten, aber: Von öffentlichen Ämtern schließen Sie Frauen doch aus, n´est ce pas? Deutlich abwehrend sprechen Sie von „Wei-berherrschaft“ und sagen wortwörtlich: „Die Weiber treten aus dem Gehorsam Christi heraus, wenn sie dem Mann die Untertänigkeit verweigern.“[19] Ja: Gott habe dem Mann vor dem Weibe eine bevorzugte Stellung verliehen. In seiner Ehre spiegele sich Gottes Ehre wider. [20]

Calvin: Ich hab` doch die Regeln nicht gemacht! Ich folge nur mehr oder weniger dem Paulus. Wobei aufmerksamen Lesern immer schon aufgefallen ist, dass ich das an einschlägigen Stellen weniger tue. Im Hinblick auf das berühmte Schweigegebot („Das Weib schweige in der Gemeinde!“, 1. Korinther 14, 34) lasse ich Ausnahmen zu, zum Beispiel für Notzeiten, nehme Abschied vom Prinzipiellen und überlasse die Diskussion der praktischen Vernunft. In meiner Institutio frage ich: „Ist jenes Gebot von dem Stillschweigen der Frau (in der Gemeinde) etwa heilig, so dass man es nicht verletzen kann, ohne die schlimmste Missetat zu begehen?... Durchaus nicht!... Auch gibt es Gelegenheiten, wo ihr (der Frau, nämlich) das Reden nicht weniger ansteht als sonstwo das Schweigen.“[21] Überhaupt gilt, „dass wir uns hier kein ewiges Gesetz aufrichten, sondern die ganze Übung solcher Gebräuche und auch ihren Zweck auf die Erbauung der Kirche beziehen.“[22]

KB: Ihre Warnung vor einer „Weiberherrschaft“ gilt aber dennoch?

Calvin: Sicher. Ich hatte seinerzeit allerdings Maria Stuart im Blick. „Von einer Weiber-regierung habe ich gesagt, da sie von der Ordnung der Naturgesetze abweiche, so sei sie unter die Strafen Gottes zu zählen. Und doch lasse Gott auch darin zuweilen eine außerordentliche Gnade leuchten, indem er zum Tadel für die Trägheit der Männer Frauen nicht nur mit männlichem Sinn, sondern sogar mit Heldengeist ausrüste und aufrufe, wofür Deborah ein leuchtendes Beispiel sei.“[23]

KB: Was denn nun: Weiberherrschaft - Ja oder Nein?

Calvin: Beides. Man muss mich schon dialektisch und dialogisch lesen, sonst begreift man mich nicht. In Hinblick auf Elisabeth von England sage ich anderes als in Hinblick auf Maria Stuart. Das heißt: Ich betone anderes, nämlich dass „es nach Sitte, öffentlicher Meinung und langjährigem Brauch herkömmlich sei, dass nach dem Erbrecht Königreiche und Fürstentümer auch an Frauen fielen“.[24]

KB: Aber so ganz gefällt Ihnen das nicht?

Calvin: Sitte, Schicklichkeit, Ordnung, Wohlanständigkeit sind für mich stets Argumente – immerzu begleitet vom Bangen darum, wer oder was der Ausbreitung des Evangeliums dienen könne. Ansonsten finden sich in meinem Nachlass unzählige Briefe an Frauen, denen ich weder Macht, Einfluss und Klugheit noch sonst irgend-etwas verbiete, sie vielmehr dem Beistand und Geiste Gottes anbefehle einschließlich des Wunsches: „Leb wohl, edelste Herrin!“[25] Ob wir´s dabei belassen können?

KB: Wie Sie meinen. Lassen wir´s dabei. Näher als diese oder jene Regentin waren Ihnen ja ohnehin... wie soll die nennen?...: Ihre „Glaubensgenossinnen“?

Calvin: In meinem Brief vom 16. September 1557 an Frauen, die in Paris gefangen sitzen und sämtlich dem Tode entgegengehen, wähle ich die Anrede „sehr liebe Schwestern“[26] und ich hoffe, dass meine Solidarität die gefangenen Frauen ermutigt hat.

KB: Solidarität? Das hört sich sehr partnerschaftlich an.

Calvin: Geschwisterlich. Geschwisterlich in Christus. Und so ist es auch gemeint. Wenn ich mich selber zitieren darf... also, ich erwähne biblische Beispiele und schlussfolgere: „Das muss Euch recht ermutigen, so dass der Blick auf Euer Geschlecht Euch nicht verzagen lässt, obschon die Menschen es oft tun.“ Und weiter: Wenn die Gegner der Reformation „aus dem Geschlecht oder äußeren Stand Anlass nehmen, ganz besonders über uns herzufallen (wir sehen ja, wie sie über Frauen und einfache Handwerker spotten, als käme es denen nicht zu, von Gott zu reden und ihr Seelenheil zu kennen!), so müssen wir wissen, dass das gerade zum Zeugnis wider sie... dienen wird. Da es nun aber Gott gefallen hat, Euch zu berufen so gut wie die Männer (denn vor ihm gilt nicht Mann noch Weib), so müsst Ihr auch Eure Pflicht tun und ihn verherrlichen nach dem Maß der Gnade, die er euch gegeben, so gut wie die größten Helden... Da wir alle zusammen unser Heil haben in ihm (Christus), müssen wir auch einmütig, Männer wie Frauen, seine Sache führen... Betrachtet doch die Stärke und Festigkeit der Frauen beim Tode unseres Herrn Jesu Christi; die Apostel hatten ihn verlassen, sie blieben bei ihm in wunderbarer Standhaftigkeit... Wieviel Frauen haben ihr Blut und Leben nicht geschont...! ... Ist ihr Glaube nicht der Sieg gewesen, der die Welt überwunden hat, so gut wie der der männlichen Märtyrer?“[27]

KB: Das ist eindrücklich. Aber natürlich eine besondere Situation. Kann ja nicht jeder und jede eine Maria Durand sein, die ihr „Recister“ in den Tour de Constance von Aigues Mortes ritzte.

Calvin: Ich widerspreche. Die Situation des Kampfes ist für mich grundlegend. Ich bin der Überzeugung, „dass auch nach dem Erscheinen Christi die Kirche nicht in behaglicher Ruhe leben wird, sondern dass Gottes Kinder bis ans Ende zu kämpfen haben“[28]. Sogar in meinen Gebeten spreche ich von „Krieg“[29] und bitte Gott, „dass wir unter deiner Fahne ritterlich streiten, bis wir endlich gelangen zu jener seligen Ruhe, wo uns aufbehalten ist die Frucht des Sieges in Christo Jesu, unserm Herrn.“[30]

KB: Zurück zu unserem Thema...!

Calvin: Das ist unser Thema, weil es unsere Situation ist. Ein männliches oder  weib-liches Sich-Selbst-Genügen ohne diese Ausrichtung hielte ich für bedenklich. Ist denn nicht mehr der „Genuss“ der Liebe Gottes „des Lebens letztes Ziel“[31]? Ist es nicht mehr das „Wichtigste..., dass alle, die unsere Botschaft hören,... zu dem Sohne Gottes kommen“[32]?

KB: Vor diesem Letzten will doch aber auch Vorletztes bedacht sein, oder nicht?

Calvin: Gewiss!  Eine „reformierte reine Frömmigkeit“[33] ist mir eine Herzensange-legenheit. Und die Ordnung, die ich damit gefordert sehe, ebenso. In eine solche eingebunden weiß ich Männer und Frauen. In puncto äußerer Anordnung und gesellschaftlicher Schicklichkeit gibt es für mich da deutliche Abstufungen. In Beziehung auf Gott aber nicht. Da „ist Christus unterschiedslos des Mannes und des Weibes Haupt.“[34] Und das ist doch der entscheidende Punkt, oder nicht? Ist das denn so schwer zu begreifen? „Habe ich nun zu rauh und grob geredet, so verzeihen Sie...“[35]

KB: Ist schon okay. Wenn ich Ihnen jetzt noch einen letzen Satz einräume...

Calvin: ...dann ist das der: „Der Herr leite und behüte Euch alle!“[36]

KB: Vielen Dank für das Gespräch!

Zitierempfehlung:
Klaus Bröhenhorst, Calvin und die Frauen. Ein Gespräch (Juli 2008), www.reformiert-info.de, URL: http://www.reformiert-info.de/2298-0-3-105-16.html (Abrufdatum)


[1]              Johannes Calvin, Auslegung der Heiligen Schrift, 13. Band, Moers, ohne Jahresangabe, S. 60

[2]              Zit. in Stauffer, Menschlichkeit, S .9

[3]              Zit. in Stauffer, Menschlichkeit, S. 7

[4]              Reformiertes Sonntagsblatt, Nr. 34, vom 25.8.1991

[5]              Was nicht ausschließt, von „´Female Line` in Calvinism“ zu sprechen; s.: Mimako Saito, Marguerite de Navarre et Jeanne d´Albert: Calvin and Feminism; in: Calvin in Asian Churches, Vol. 2, Seoul, 2004, S. 161

[6]              Karl Barth, Die Theologie Calvins 1922, Zürich 1993, S. 8f.

[7]              s.: Johannes Calvins Lebenswerk in seinen Briefen, Bd. 1, Neukirchen, 1961, S. 358

[8]              Idelette wird von 1545 bis 1549 in der französischen Korrespondenz nicht weniger als dreißgmal erwähnt. Nachzulesen in: Richard Stauffer, Calvins Menschlichkeit, Zürich, 1964, S. 59, Anm.47

[9]              in. Johannes Calvins Lebenswerk in seinen Briefen, Bd. 2, Neukirchen, 1961, S. 464 f.

[10]             Noch 1547 spricht Calvins von der Taufe „unseres kleinen Jacques“; in:Briefe, Bd, 1, Neukirchen, 1961, S.401

[11]             s.: Johannes Calvins Lebenswerk in seinen Briefen, Bd, 2, Neukirchen, 1961, S. 464

[12]             in: aaO, S. 463

[13]             in: aaO, S. 522

[14]             Hannelore Erhart, „´Ich habe mich nie um eine Frau bemüht…` Das Frauenbild bei Luther und Calvin; in: Wie Theologen Frauen sehen – von der Macht der Bilder, Freiburg, 1993, S. 77

[15]             Johannes Calvins Auslegung der Heiligen Schrift, 12. Bd., (Römer und Korinther), Moers, S. 430

[16]             aaO, S. 429

[17]             Calvin versucht, 1. Tim. 2, 15 als „Trostwort“ auszulegen; s.: J.C., Auslegung der kleinen Paulinischen Briefe, Neukirchen, 470

[18]             Johannes Calvins Auslegung der Heiligen Schrift, 1. Bd., Das erste Buch Mose), Moers, S.43.45

[19]             Johannes Calvin, Auslegung der Heiligen Schrift, Epheserbrief, Moers, S. 80

[20]             s. Johannes Calvins Auslegung der Heiligen Schrift, 12. bd., (Römer und Korinther), Moers, S.429

[21]             Johannes Calvin, Unterricht in der christlichen Religion, Neukirchen, 5. Aufl., 1988, IV, 10, 31; S. 826

[22]             aaO, 826f.

[23]             in: Johannes Calvins Lebenswerk in seinen Briefen, Bd. 2, Neukirchen, 1961, S. 684

[24]             in: Johannes Calvins Lebenswerk in seinen Briefen, Bd. 3, Neukirchen, 1961, S. 1010

[25]             in. Johannes Calvins Lebenswerk in seinen Briefen, Bd. 2, Neukirchen, 1961, S. 824

[26]             in: Johannes Calvins Lebenswerk in seinen Briefen, Bd. 3, Neukirchen, 1961, S. 915

[27]             in: aaO, 915-917

[28]             Johannes Calvins Auslegung der Heiligen Schrift, 9. Bd., Ezechiel und Daniel, hrsg. von O. Weber, Moers, 1938, S. 361

[29]             zitiert bei Oberman, Heiko A., Zwei Reformatoren, Berlin, 2003, S. 174

[30]             in: Johannes Calvins Auslegung der Heiligen Schrift, 9. Bd., Ezechiel und Daniel, hrsg. von O. Weber, Moers, 1938, S.508

[31]             Johannes Calvin, Auslegung der heiligen Schrift, 1. Bd., Das erste Buch Mose, S. 57

[32]             zit. in: Dankbaar, Willem F., Calvin, Neukichen, 2. Aufl., 1966, S. 227

[33]             in: Johannes Calvins Lebenswerk nach seinen Briefen, Bd. 2, Neukirchen,1961, S. 826

[34]             Johannes Calvins Auslegung der Heiligen Schrift, 12. Bd., (Römer und Korinther), Moers, S. 427

[35]             Johannes Calvins Lebenswerk nach seinen Briefen, Bd. 2, Neukirchen,1961, S. 830

[36]             in: Johannes Calvins Lebenswerk nach seinen Briefen, Bd.1, Neukirchen, 1961, S. 345

 


©Klaus Bröhenhorst, Pfarrer der Ev.-ref. Gemeinde Hildesheim
, Marie
(1490/95-1561)

Reformierte - feministische - Theologin der ersten Stunde, ehemalige Priorin, Predigerin und Autorin in Straßburg und Genf, im Streit und im Gespräch mit Johannes Calvin - Ein Beitrag von Merete Nielsen, Göttingen
Von Rosine Lambin, München

''Ich bitte Sie, Herr Calvin, zu Gott zu beten, er möge Ihnen die Wahrheit zeigen …'' schrieb Renée de France am 21. März 1563. Die Prinzessin diskutierte kontrovers theologisch mit dem Reformator, wie mit den (katholischen) Feinden umzugehen sei. Die politisch mächtigen Frauen Frankreichs, mit denen Calvin systematisch Kontakt aufgenommen hatte, trieben die Reformation auf ihre Weise voran. Sie schützten und unterstützten Protestanten, weigerten sich aber, harsch gegen den Katholizismus vorzugehen, und mäßigten die radikale ''Missionsarbeit mancher kalvinistischer Pastoren''. Das machte die Reformation ''lebendig und menschlich''.