Der Genfer Psalter – der Hugenottenpsalter

Vom Psalm zum populären Lied

Neue Bereimung der Psalmen, Wesel 1798, Titelseite (Ausschnitt) © Wikicommons/Matthias Jorissen

Die Reformatoren wollten – anders als in der katholischen Messe üblich – die Gemeinde der Gläubigen während des Gottesdienstes singen lassen. Dazu griffen sie auf die biblischen Psalmen zurück.

"Darum, wenn wir gut hier und da gesucht haben, finden wir keine besseren noch geeigneteren Gesänge als die Psalmen Davids" (Johannes Calvin)

In Frankreich begann der Hofdichter Clément Marot, vielleicht unterstützt von Marguerite d’Angoulême, biblische Psalmen in Versform zu setzen. 1539 übergab Marot König François I. ein Manuskript von 30 in Versform auf Französisch nachgedichteten und in Strophen unterteilten Psalmen. Vertont wurde der Psalmengesang rasch beliebt. Der vom Humanismus und Luthers Ideen beeinflusste Marot floh jedoch 1543 nach Genf zu Calvin.

Calvin hatte bereits 1538 in Strassburg deutschen Psalmengesang kennen gelernt und selbst begonnen, Psalmen in französische Verse zu übertragen. In Strassburg erschien der erste französische Psalter in Versform mit zwölf Psalmen von Marot und sieben von Calvin.

Bei seiner Rückkehr nach Genf führte Calvin den Psalmengesang im Gottesdienst ein. Dazu wurden neue Melodien komponiert und Marot setzte bis zu seinem Tod 1544 49 Psalmen in Versform. Sein Werk führte der französische Humanist und Dichter Théodor Bèze (1519-1616) fort.

1551 erschien der Genfer Psalter mit 49 Psalmen von Marot und 34 von Bèze. Unter dem Titel „Psalmen Davids“ erschien 1562 der erste 150 Psalmen umfassende Genfer Psalter auf Französisch.

Der Erfolg der Psalmen veranlasste viele Musiker, namentlich Claude Goudimel, Claude Lejeune, Paschal de l’Estocart, Philibert Jambe de Fier und Pierre Certon, sie zu einem vier- oder mehrstimmigen Gesang zu harmonisieren.

Die schlichten vierstimmigen Chorsätze Goudimels waren besonders beliebt. So verbreitete sich gegen Calvins ursprüngliche Idee des einstimmigen Gemeindegesangs der mehrstimmige Psalmengesang in reformierten Kirchen.

Im 19. Jahrhundert entstand der Begriff „Hugenottenpsalter“ für das offizielle Genfer Gesangbuch mit 150 Psalmen. Dank Buchdruck wurde diese Kirchenmusik weit verbreitet.

Eine deutsche Übersetzung des Genfer Psalters gab 1573 Ambrosius Lobwasser heraus. Sie war das maßgebliche Gesangbuch der deutschsprachigen reformierten Gemeinden, bis die Psalmdichtung von Matthias Jorissen (1739-1823) sich durchsetzte.

Quellen:
Der Psalmengesang – im virtuellen Museum des französischen Protestantismus

Bicinien zum Genfer Psalter im Notenarchiv von Christoph Dalitz - zur freien Nutzung (auch mit weiteren Links)

Literatur:
Der Genfer Psalter und seine Rezeption in Deutschland, der Schweiz und den Niederlanden:
16.-18. Jahrhundert
,
hrsg. v. Eckhard Grunewald, Henning P. Jürgens u. Jan R. Luth,
Niemeyer, Tübingen 2004
ISBN-10: 3484365978
ISBN-13: 9783484365971
124 Euro

Geschichte und theologische Hintergründe

Die Reformatoren wollten – anders als in der katholischen Messe üblich – die Gemeinde der Gläubigen während des Gottesdienstes singen lassen. Dazu griffen sie auf die biblischen Psalmen zurück.
In Potsdam haben insbesondere junge Gemeindemitglieder die Psalmen neu entdeckt.

Pastorin Hildegard Rugenstein beschreibt, wie in ihrer Gemeinde die Texte erarbeitet und die Melodien geübt werden und wie der Psalmengesang zu einem Instrument des Gemeindeaufbaus wurde.
 

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