Gnade und Wahrheit. Wie passt das zusammen?

1. Sonntag nach Epiphanias: Gedanken zum Wochenlied EG 441: Du höchstes Licht, Du ewger Schein


©Foto (bearb.): Andreas Olbrich

von Sylvia Bukowski

Von Licht und Dunkel ist im Gottesdienst oft die Rede. Manchmal verbinden sich damit freie Assoziationen, manchmal, wie hier in dem Lied, ein klarer Bezug auf die Person und das Werk Jesu. Mit dem Glanz göttlicher Gnade (Strophe 1) und Wahrheit (Strophe 2) erleuchtet er die Welt und führt sie einer Zukunft entgegen, aus der alles Dunkel endgültig gewichen ist. (Strophe 7).

Obwohl der Gedankengang des Liedes sehr geläufig klingt, stutze ich am Anfang: Wie passen Gnade und Wahrheit eigentlich zusammen?

Muss Wahrheit nicht schonungslos ans Licht bringen, was mit uns, was mit unserer Welt los ist? Muss sie nicht Böses böse nennen, ohne irgendetwas zu vertuschen oder zu beschönigen? Wird sie nicht zu Recht „hart“ und „unerbittlich“ genannt, weil sie keine Kompromisse dulden kann? Und müssen wir diese Wahrheit nicht fürchten?

Wie passt dazu Gnade? Was bewirkt sie angesichts der Wahrheit? Deckt sie sie einfach zu? Spielt sie die aufgedeckte Bosheit herunter?

Ich höre aus dem Lied: Die Gnade bewirkt, dass die Wahrheit uns nicht vernichtet oder in Angst gefangen hält, sondern unserem Leben eine heilsame neue Richtung gibt. Jesus leuchtet uns mit seiner Lehre den Weg, „bis er die Herzen zu sich zeucht“ (Strophe 2) und wir „wandeln, wie`s dem wohl ansteht, in dessen Herzen hell aufgeht der Tag des Heils, die Gnadenzeit, da fern ist alle Dunkelheit.“ (Strophe 5)

Die Wahrheit, die Jesus in die Welt bringt, dient dem Leben. Weil sie gnädige Wahrheit ist, macht sie frei.

Zum Anhören:
www.youtube.com/watch?v=_85DUHUzMeM

 


Sylvia Bukowski, Januar 2014