Trost genug für das neue Jahr

Von Alfred Buß, Präses der Evangelischen Kirche von Westfalen

''Rette sich, wer kann.'' Aber wer kann schon. Der Mann aus der Geschichte des Evangelisten Lukas offensichtlich nicht. Ihm ist es unmöglich. Dem Menschen ist es unmöglich. Das ist die Botschaft der Jahreslosung 2009. Die eine Botschaft. Die andere ist die wichtigere: Gott kann.

Gott kann. Damit wird der Mensch nicht zur Untätigkeit verdammt. Im Gegenteil: Was möglich ist, soll er tun. Wie der reiche Mann, von dem das Evangelium erzählt. Die Gebote hat er alle gehalten von Jugend auf. Er hat Gottes Wegweisung befolgt. Was Jesus von ihm fordert, das schafft er nicht: „Verkaufe alles, was du hast, und gib‘s den Armen... und komm und folge mir nach! Als er das aber hörte, wurde er traurig; denn er war sehr reich.“ Armer reicher Mann. Was bei den Menschen unmöglich ist, das ist bei Gott möglich.“

Gier und Begierde sind spätestens seit der Finanzkrise in die Schlagzeilen geraten. Schon vorher wurden Managergehälter und Bonuszahlungen diskutiert. Die Empörung über diverse Unersättlichkeiten war und ist groß. Begierde und Gier scheinen zum Menschen zu gehören. „Mein Haus, mein Auto, meine Yacht...“ Viele meinen, davon zu leben. Davon zu lassen ist nicht möglich. Wenn Haus, Auto, Yacht, Aktien, Gewinne... dahin schwinden, fährt der Schrecken in die Glieder und in die Seele. Mit dem Zerbrechen von Hab und Gut zerbricht die Existenz. Davor scheint der reiche Mann im Evangelium Angst zu haben. Gier ist unersättlich, wie ein Fass ohne Boden unerfüllbar. Mit der Gier und Begierde nach materiellem Besitz aber konkurriert eine echte Sehnsucht. Die Sehnsucht nach Sinn, nach Erfüllung. Biblisch gesprochen: die Sehnsucht nach dem Reich Gottes, die Sehnsucht nach ewigem Leben, nach Rettung. Sie erweist sich als erfüllbar, anders als alle Gier.

Und wie? „Wer kann dann selig werden?“ fragen schon jene, die dem Gespräch zwischen dem Reichen und Jesus gelauscht haben. Das Kamel passt nicht durch‘s Nadelöhr. Das ist so und das bleibt so. Alle Versuche, dem Gedanken seine Radikalität zu nehmen – zum Beispiel das Kamel durch das im Griechischen ähnliche Schiffstau zu ersetzen – sind gescheitert. Es ist nicht alles machbar. Dem Menschen sind Grenzen gesetzt, und er wird sie nicht überschreiten. Und doch sind sie überwindbar: Gott kann.

Gott kann. Das ist die wichtigere Botschaft der Jahreslosung. Gott hat verheißen, Gott hat zugesagt. Trotz der menschlichen Verlegenheiten. Damit ist nicht der Beliebigkeit das Wort geredet. Die Macht des Geldes – nicht nur über den äußeren, sondern über den inneren Menschen – bleibt in Frage gestellt, Sein-Lassen ist angesagt und die Gebote gelten. Wer es mit Gott ernst meint, kann nicht alles so lassen wie es ist, wird nicht so bleiben wie sie oder er ist. Nach dem Gespräch erinnert Petrus daran: Die Jünger haben ihr Eigentum verlassen und sind Jesus nachgefolgt; sie haben sich ernstlich auf den Weg gemacht. Das hat Folgen – für die Fülle des Lebens. „Rette sich, wer kann.“ Wer kann das schon? Trotz aller Bemühungen kann es kein Mensch. Aber Gott kann! Mir ist das Trost genug für das neue Jahr. Es ist Trost im Leben und im Sterben. Frage eins des Heidelberger Katechismus lädt ein, das nachzubuchstabieren am Anfang des Calvin-Jahres 2009.

Herzlichst Ihr
Alfred Buß

Quelle: pfarrinfo Dezember/Januar 2008/2009

 

Die Losung im Calvin-Jahr - Lukas 18,27

Was bei den Menschen unmöglich ist, das ist bei Gott möglich. Lukas 18,27