Zum Antworten geschaffen. Anmerkungen zur Freiheit christlichen Lebens in reformierter Perspektive

Ein Beitrag zum Freiheitsverständnis Johannes Calvins. Von Matthias Freudenberg

''Hauptinhalt des Evangeliums'' ist für Johannes Calvin die christliche Freiheit (Institutio III,19,1).

Der von Gott freigesprochene Mensch ist ermuntert, das Gute zu tun, nach Gottes Geboten zu leben, aber: ''Die Inanspruchnahme christlicher Freiheit schließt ausdrücklich das Imperfekte, Unfertige, Unvollkommene und Anfängliche ein''. Die ''Verpflichtung zur Verantwortung stehe unter dem Vorzeichen des Fragmentarischen''. Calvin rede nicht dem ''moralischen Perfektionismus'' das Wort, resümiert Freudenberg, denn Gott ist es, der den Menschen ''vollendet und ganz macht''.

Matthias Freudenberg, Zum Antworten geschaffen. Anmerkungen zur Freiheit christlichen Lebens in reformierter Perspektive. Antrittsvorlesung als Hochschuldozent für Systematische Theologie an der Kirchlichen Hochschule Wuppertal/ Bethel am 8. Mai 2007.pdf

Mit freundlicher Genehmigung des Autors Matthias Freudenberg und des Neukirchener Verlags entnommen aus: Johannes von Lüpke (Hg.), Gott - Natur - Freiheit, Neukirchen-Vluyn 2008 (s.u.)

Zum Antworten geschaffen. Anmerkungen zur Freiheit christlichen Lebens in reformierter Perspektive [1]

1. Geschaffen zu Gottes Ebenbild, befreit zum christlichen Leben
2. Weiterentwicklungen des reformierten Freiheitsverständnisses in der nachcalvinischen Theologie
3. Kulturelle Wirkungen des reformierten Freiheitsverständnisses
4. Impulse des reformierten Freiheitsverständnisses für Kirche und Theologie

Der 8. Mai eignet sich in besonderer Weise, um über Freiheit nachzudenken. In den Nachkriegsjahrzehnten wurde der 8. Mai in unserem Land allerdings nicht unwidersprochen als Tag der Freiheit wahrgenommen. Näher lag es für viele, im Kriegsende vom Mai 1945 eine Niederlage zu sehen, nicht eine Befreiung. Und paradoxerweise wirkte sich diese Befreiung keineswegs für alle als erfahrbare Freiheit aus. Wie in anderen Deutungen von kollektiver Lebensgeschichte bedurfte es eines Vorstoßes, um eine bis heute andauernde historische Diskussion anzuregen. Diesen Vorstoß unternahm der ehemalige Bundespräsident Richard von Weizsäcker, dessen Rede zum 40. Jahrestag des Kriegsendes am 8. Mai 1985 für viele selbst befreiend wirkte. Mit seiner Rede hatte der frühere Kirchentagspräsident entscheidenden Anteil an der Historisierung des Kriegsendes als Befreiung von einem durch ideologische Verblendung bewirkten Unheil. Mit seinem Freiheitsverständnis, das sich nicht zuletzt evangelischen Wurzeln verdankt, brachte von Weizsäcker die Freiheit mit der Wahrheit ins Spiel: »Je ehrlicher wir [diesen Tag] begehen, desto freier sind wir, uns seinen Folgen verantwortlich zu stellen.«[2] Dieser Satz stößt mitten in das evangelische Verständnis von Freiheit hinein: Freiheit bedarf der Wahrheit, um befreiend zu wirken. Mehr noch: Christliche Freiheit lebt von der Wahrheit des Evangeliums.[3]

Ich will einige Beobachtungen zur Freiheit christlichen Lebens nennen und dies in reformierter Perspektive unter dem Titel »Zum Antworten geschaffen« tun. Im ersten Teil wende ich mich den Anfängen der reformierten Theologie zu und will neben Ulrich Zwingli vor allem Johannes Calvin nach seinem Verständnis christlicher Freiheit befragen. Ein zweiter Teil gilt Neuinterpretationen dieses Freiheitsverständnisses in den nachreformatorischen Jahrhunderten. Ein dritter Teil wird exemplarisch zeigen, wie sich reformierte Freiheitskonzeptionen kulturell und politisch ausgewirkt haben. Im abschließenden vierten Teil sollen Schlussfolgerungen für aktuelle Diskussionen in Kirche und Theologie gezogen werden.

1. Geschaffen zu Gottes Ebenbild, befreit zum christlichen Leben

Ulrich Zwingli hat das Freiheitsthema in einer hochbrisanten Situation angesprochen, in der die beginnende Zürcher Reformation selbst auf dem Spiel stand. Im Frühjahr 1522, mitten in der Fastenzeit, geht es buchstäblich um die Wurst: Die Angestellten des Buchdruckers Christoph Froschauer nehmen sich die Freiheit, Wurst zu essen. Zwingli sieht sich zur Stellungnahme aufgerufen und entwickelt – ursprünglich in einer Predigt – sein Freiheitsverständnis: Es gelte, sich nicht von kirchlichen Geboten binden zu lassen, sondern ihnen mit Freiheit zu begegnen.[4] Seine »Freiheitspredigt« wird zu einem Paradigma für den Umgang mit menschlichen Regeln und Ansprüchen schlechthin. Zwingli greift zu der von Martin Luther hochgeschätzten Kunst der Unterscheidung und dringt darauf, Gott allein das Vertrauen und insofern auch den Gehorsam zu schenken, nicht jedoch menschlichen Kontrollinstanzen. Christliche Freiheit wird so schon in den reformatorischen Anfängen zu einem Politikum, das Folgen für die Geschichte der bürgerlichen Freiheit hatte. In der Schule Zwinglis wächst das Bewusstsein dafür, dass Menschen und menschliche Institutionen nur dann, wenn sie selbst im Dienst der Freiheit stehen, Anspruch auf Autorität erheben können. Ein Echo dieses Grundgedankens, der ideologiekritisch zwischen einer zum Wohle eingesetzten Vollmacht und entmündigender Macht unterscheidet, kann man Jahrhunderte später in der Barmer Theologischen Erklärung von 1934 erkennen. Bereits Zwingli fragt danach, in welcher Weise Gebote und Regeln auf das Gewissen einwirken und dieses möglicherweise verderben, so dass am Ende die dem Gewissen zugesprochene Freiheit selbst Schaden nimmt.

Durch Luthers subtil komponierte Freiheitsschrift[5] und durch Zwinglis theologisch engagierte »Freiheitspredigt« war der Boden bereitet, auf dem Calvin sich der Freiheit in seinem »Unterricht in der christlichen Religion« annahm. Mit Recht hat Wilhelm Niesel in seiner aus Wuppertaler Vorlesungen erwachsenen »Theologie Calvins« betont, dass sich bei Calvin aus der Rechtfertigung des Sünders eine »starke Bedeutung für das praktische Leben« ergebe.[6] Denn »als in Christus vor Gott Gerechte« sind wir »zu einem Wandel in der Freiheit der Kinder Gottes gerufen«.[7] Niesels Hinweis, dass »man nach Calvin nicht über das christliche Leben reden kann, ohne die christliche Freiheit fest im Auge zu behalten«,[8] möchte ich an zwei Kapiteln von Calvins Institutio genauer verfolgen: erstens an den Aussagen zur Geschöpflichkeit des Menschen (Inst. I,15)[9] und zweitens im Rahmen der christlichen Freiheit, die in der Rechtfertigung gründet (Inst. III,19).[10]

Zunächst zur Geschöpflichkeit des Menschen. Calvin sieht den Menschen als »unter allen Werken Gottes … edelsten und sichtbarsten Erweis seiner Gerechtigkeit, Weisheit und Güte«.[11] Er spricht sogar davon, dass Gott ihn »zum Wohnsitz eines unsterblichen Geistes ersehen« habe.[12] Zu den hervorragenden Gaben, die dem menschlichen Geist von Gott beigegeben sind, zählt Calvin die Fähigkeit, »in seiner Beweglichkeit Himmel und Erde und die Geheimnisse der Natur«[13] zu durchforschen – eine Fähigkeit, die auf Gott als ihren Geber zu­rückverweist. In der Sicht Calvins ist der Mensch gemäß seiner Geschöpflichkeit ein über sich und seinen Ort in der Geschichte reflektierendes Wesen. Er ist in der Lage, »alle Jahrhunderte mit Verstand und Gedächtnis« zu erfassen und aus dem Vergangenen das Zukünftige zu schließen.[14] Calvin beschreibt den Mensch als Kulturwesen, das sich seiner Rolle in der Welt bewusst ist. Es zeichnet ihn aus, nicht nur Leben zu empfangen und sich einem Anderen – nämlich Gott – zu verdanken, sondern auch zu antworten. Im Unter­schied zu den Tieren ist er ein zum Antworten geschaffenes Wesen. Er existiert als Gottes Ebenbild zum Gleichnis bzw. zur Ähnlichkeit seines Schöpfers[15] und kann sogar als »Spiegel der Herrlichkeit Gottes« angesehen werden.[16] Diese Gleichnishaftigkeit des Menschen ist von der Identität mit Gott gründlich unterschieden. Auch nach dem Fall und dank der Wiedergeburt durch Christus wird die Gleichnishaftigkeit des Menschen besonders an seinen intellektuellen Fähigkeiten deutlich. Seine Abbildung der Herrlichkeit Gottes zeigt sich in der »Erleuchtung des Geistes«[17] und der Gabe der Erkenntnis, deren vollkommene Entfaltung allerdings dem endgültigen himmlischen Leben vorbehalten ist. Doch schon dem irdischen Leben wird zugetraut und zugemutet, zu antworten. Das gilt in doppelter Weise: Der Mensch ist einerseits dazu geschaffen, seinem Schöpfer durch Verehrung zu antworten.[18] Darin sieht Calvin überhaupt den Sinn des menschlichen Lebens: Gott zu erkennen und ihn zu ehren, also auf ihn zu vertrauen, seinen Namen zu rühmen und ihn anzurufen.[19] Der Mensch entspricht Gott als das ihm in Dankbarkeit antwortende Wesen. Andererseits entdeckt Calvin die menschliche Fähigkeit zur Antwort in der Gabe, sein eigenes Leben und die ihn umgebende Welt intellektuell und kulturell zu durchdringen. Ihm steht die Vernunft zu Gebot, um Gut und Böse, Recht und Unrecht voneinander zu unterscheiden.[20] Es fällt auf, dass Calvin, der häufig den Klagegesang über das Elend des Menschen anstimmt, hier ausdrücklich die Fähigkeiten der menschlichen Natur würdigt – eine Sicht, an die der spätere Calvinismus mit Nachdruck angeknüpft hat.[21]

Diesen anthropologischen Fundamentalaussagen soll nun Calvins Verständnis des von Gott zur Freiheit bestimmten Christenmenschen an die Seite gestellt werden. Bereits in der Erstfassung der Institutio von 1536 räumt Calvin der Heiligung des Lebens in der christlichen Freiheit einen prominenten Ort am Ende seines Werkes in Kapitel 6 ein.[22] Die christliche Freiheit zeichnet sich dadurch aus, dass das christliche Gewissen das Gesetz nicht mehr fürchtet, sondern diesem in freiwilligem Gehorsam zugeordnet ist. Konkret erkennt Calvin die Freiheit eines Christenmenschen in der Freiheit gegenüber allen problematischen religiösen und weltlichen Autoritäten.[23] Dies gibt ihm die Freiheit und zugleich den Auftrag, nicht nur die Kirche zu reformieren, sondern gegebenenfalls sogar eine pervertierte Regierung entfernen zu lassen.

Zwei Jahrzehnte später schlägt die Endfassung der Institutio von 1559 noch einmal ein neues Kapitel über die Freiheit auf. Calvin bezeichnet nun die christliche Freiheit als »Hauptinhalt der Lehre des Evangeliums«,[24] die die Kraft der Rechtfertigung erkennbar macht.[25] Mehrere Kennzeichen eines solchen durch Gott freigesprochenen Lebens benennt Calvin. Der Freigesprochene lässt sich, weil es ihm das Selbstverständliche schlechthin ist, in die Pflicht nehmen, sein ganzes Leben auf Gott auszurichten. In der ihm eröffneten neuen Lebenswirklichkeit lebt er menschlich, wobei er zu dieser Verantwortlichkeit Gott gegenüber durch die Gebote angeleitet wird.[26] Diese Lebensantwort des Befreiten geschieht also nicht unter dem Zwang einer Notwendigkeit. Vielmehr beruht die christliche Freiheit auf einer Befreiung, die den Menschen aus solchem Zwang löst, und findet Gestalt im bereitwilligen und fröhlichen Tun »aus freien Stücken«.[27] Gerade so macht der Mensch von der Freiheit Gebrauch, im Recht zu leben. In diesem Zusammenhang begegnet auch der entlastende Gedanke, dass das Leben in der Freiheit unvollkommen bleibt: »Die Kinder …, die von ihren Vätern freier und edler gehalten werden, haben keine Scheu, ihnen auch angefangene oder halbfertige Werke, an denen noch manches auszusetzen ist, anzubieten, weil sie darauf vertrauen, daß ihr Gehorsam und die Bereitschaft ihres Herzens das Wohlgefallen der Väter finden wird …«[28] Die Inanspruchnahme christlicher Freiheit schließt ausdrücklich das Imperfekte, Unfertige, Unvollkommene und Anfängliche ein, so dass Calvin nicht dem moralischen Perfektionismus das Wort redet. Gewiss hat die Freiheit den Sinn, »zum Guten zu ermuntern«.[29] Aber die Verpflichtung zur Verantwortung steht unter dem Vorzeichen des Fragmentarischen – auch deshalb, weil Gott es ist, der den Menschen vollendet und ganz macht.

Als letztes Kennzeichen der christlichen Freiheit nennt Calvin, dass sie dazu einlädt, die Dinge dieser Welt – die Adiaphora – mit gutem Gewissen in Anspruch zu nehmen und zu gebrauchen. Calvin konkretisiert das mit einem lebensnahen Bild: »Wenn einer bei einigermaßen wohlschmeckendem Wein bereits Bedenken hat, so wird er bald nicht einmal gemeinen Fusel mit gutem Frieden seines Gewissens trinken können, und am Ende wird er nicht einmal mehr wagen, Wasser anzurühren …«[30] Dieser Satz, bei dem mehr als nur die Geschmackswahl des Weins zur Debatte steht, könnte so manches gängige Calvin-Klischee erschüttern: Der hier ganz und gar unpuritanische Calvin eröffnet mit dieser Bestimmung christlicher Freiheit den Raum für die entschlossene und furchtlose Betätigung in einer Welt, in die sich der Mensch hineingestellt sieht und die er darum auch mit den ihm verliehenen Gaben gestalten soll. Nicht nur den intellektuellen Diskurs, sondern auch den leiblichen Genuss konnte er als Ausdruck von Freiheit werten: Die Freiheit eines Christen, so Calvin, äußert sich auch darin, »zu lachen oder sich zu sättigen oder neue Besitztümer mit den alten, ererbten zu verbinden oder sich am Klang der Musik zu erfreuen oder Wein zu trinken«.[31]

Die Freigabe der so genannten »äußeren Dinge« wie Natur und Kultur zur Erforschung, geistigen Durchdringung und Gestaltung ermutigt den Menschen, sich mit Vernunft und Kreativität der geschaffenen Natur, ihren Gesetzen und der Ordnung der menschlichen Gemeinschaft zu widmen. Zwar kann Calvin gelegentlich den Himmel als die Heimat und die Erde als Verbannungsort des Menschen bezeichnen: »Denn wenn der Himmel unsere Heimat ist, was ist dann die Erde anderes als Verbannung? Wenn das Auswandern aus dieser Welt der Eingang ins Leben ist, was ist die Welt dann anderes als ein Grab?«[32] Das ändert aber nichts daran, dass er den befreiten Menschen dazu aufruft, »Gottes Gaben ohne Gewissensbedenken … zu gebrauchen«.[33] Er erklärt sogar, dass Güter und Reichtümer dem Gebrauch der Menschen überlassen sind und es nirgends untersagt ist, neuen Besitz zu erwerben. Allerdings gibt Calvin auch Regeln für den Gebrauch der Freiheit, indem er davor warnt, die Freiheit durch frivolen Luxus, Verschwendung der anvertrauten Güter oder Gier zu verderben.[34] Auch macht er auf die Sozialverträglichkeit der Freiheit aufmerksam: Weder hemmungsloser Gebrauch der Freiheit noch der unbedachte Verzicht auf sie vertragen sich mit ihrem christlichen Verständnis. Freiheit ist nach Calvin gebundene Freiheit: gebunden durch den Willen des Befreiers und darum auch gebunden an den anderen Menschen. Freiheit darf nach Calvin nie gegen andere Menschen, sondern soll nach dem Maßstab der Liebe zu ihren Gunsten gebraucht werden – es ist die Rede vom »Maßhalten in der Freiheit«.[35] Konsequent leiten übrigens diese Beschreibungen der Freiheit über in das Kapitel vom Gebet, von dem Calvin sagt, dieses sei die »vornehmste Übung des Glaubens«. Im Gebet ist der Antwortcharakter des christlichen Redens und Lebens am ursprünglichsten greifbar.[36]

Wenn man Calvins Verständnis der Geschöpflichkeit des Menschen und das der christlichen Freiheit im Zusammenhang betrachtet, dann zeichnen sich Konturen einer Lebensgestaltung ab, die auch Folgen für die versammelte Gemeinde hat: Der Mensch ist dazu geschaffen, mit seinen ihm anvertrauten Gaben – allen voran mit der Vernunft – dem Schöpfer und Bewahrer seines Lebens zu antworten, sich vor ihm zu verantworten und ihm im dankbaren Einstimmen in seine Freiheit zu entsprechen. Geschaffen zur Antwort versteht der Mensch sich selbst nur recht in Beziehung zur ihn umgebenden Schöpfung – allem voran zum anderen Menschen. Es gehört zur inneren Struktur von Calvins Freiheitsbegriff, dass er sich nicht in der Rückschau auf den Freispruch von der Sündenlast erschöpft. Vielmehr bedeutet Freiheit Vorausblick auf ein Leben, das sich von den schädlichen Verflechtungen der alten Existenz emanzipiert. Calvin stellt seine Ethik nicht primär unter den Gesichtspunkt der Früchte des Glaubens, sondern der christlichen Freiheit. Freiheit ist die Lebensform, die auf ihren Geber zurückverweist und in der die Gewissen selbst frei sein können. An anderer Stelle führt Calvin den in die Moderne hinüberweisenden Begriff der Gewissensfreiheit ein.[37] Damit sind die Weichen gestellt zu einer Entwicklung, die dem Menschen ein hohes Maß an Ratio und Courage abverlangt. Gerade das macht den reformierten Protestantismus zu einer auch anstrengenden Gestalt des Christentums, wie wir im Folgenden sehen werden.

(Weiter unter den Anmerkungen)


[1]          Antrittsvorlesung als Hochschuldozent für Systematische Theologie mit dem Schwerpunkt Reformierte Theologie an der Kirchlichen Hochschule Wuppertal/ Bethel am 8. Mai 2007.
'[2]          Abgedruckt in: Die Deutschen und das Kriegsende. Die Reden der Bundespräsidenten von Weizsäcker und Herzog zum 40. und 50. Jahrestag des Kriegsendes, Paderborn 1996.
[3]          Von dieser theologischen Grundlinie sind auch die beiden Studien zur Freiheit bestimmt, die von der Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa (ehemals: Leuenberger Kirchengemeinschaft) erstellt wurden: Das christliche Zeugnis der Freiheit, hg. v. Wilhelm Hüffmeier (Leuenberger Texte 5), Frankfurt a.M. 1999.
[4]          Huldrych Zwingli, Die freie Wahl der Speisen, Z 1,74–136, in: Huldrych Zwingli Schriften, im Auftrag des Zwinglivereins hg. v. Thomas Brunnschweiler / Samuel Lutz, Bd. I, Zürich 1995, 13–73.
[5]          Martin Luther, Von der Freiheit eines Christenmenschen (1520), WA 7,20–38, sprachlich modernisiert in: Luther deutsch, Bd. 2, 251–274.
[6]                      Wilhelm Niesel, Die Theologie Calvins, 2., erw. Aufl. München 1957, 140.
[7]                      Ebd.
[8]                      Ebd.
[9]                      Institutio Christianae religionis I,15 (= Inst., OS 3,173–187); Übersetzung: Unterricht in der christlichen Religion (1559), übers. u. bearb. v. Otto Weber, Neukirchen-Vluyn 31984, 94–103.
[10]        Inst. III,19 (OS 4,282–296).
[11]        Inst. I,15,1 (OS 3,173): »inter omnia Dei opera nobilissimum ac maxime spectabile est iustitiae eius, et sapientiae, et bonitatis specimen«.
[12]        Inst. I,15,1 (OS 3,174): »domicilium esse voluit immortalis spiritus«.
[13]        Inst. I,15,2 (OS 3,175): »Mentis vero humanae agilitas caelum et terram, naturaeque arcana perlustrans«.
[14]        Inst. I,15,2 (OS 3,175): »secula omnia intellectu et memoria complexa est … futuraque ex praeteritis colligens«.
[15]        Inst. I,15,3 (OS 3,178): »ad similitudinem«.
[16]        Inst. I,15,4 (OS 3,179): »speculum censeri debeat gloriae Dei«; vgl. auch Calvins Auslegung von Ps 8,2 (CO 31,88).
[17]        Inst. I,15,4 (OS 3,179): »in luce mentis«.
[18]        Inst. I,15,6 (OS 3,182–184).
[19]         Ebd.; vgl. Genfer Katechismus (1545), Fragen 1, 6 und 7, in: Reformierte Bekenntnisschriften. Eine Auswahl von den Anfängen bis zur Gegenwart, hg. v. Georg Plasger / Matthias Freudenberg, Göttingen 2005, 59f.
[20]        Inst. I,15,8 (OS 3,185): »ergo animam hominis Deus mente instruxit, qua bonum a malo, iustum ab iniusto discerneret«; vgl. Calvins Auslegung von Ps 8,6 (CO 31,92f).
[21]        Vgl. Max Engammare, Plaisir des mets, plaisirs des mots: Irdische Freude bei Calvin, in: Calvinus Sincerioris Religionis Vindex: Calvin as Protector of the Purer Religion, hg. v. Wilhelm H. Neuser / Brian G. Armstrong (Sixteenth Century Essays & Studies 36), Kirksville/MO 1997, 189–208, hier 203–205.
[22]        OS 1,223–280; vgl. dazu den Beitrag von Elemér Kocsis, Die Heiligung des Lebens nach Calvins Institutio vom Jahre 1536, in: Calvinus Servus Christi, hg. v. Wilhelm H. Neuser, Budapest 1988, 23–34, hier 34.
[23]        OS 1,232.
[24]        Inst. III,19,1 (OS 4,282): »summam Evangelicae doctrinae«. Zum Verständnis des Kapitels von der christlichen Freiheit bei Calvin vgl. auch Eberhard Busch, Gottes ewige Erwählung. Die Freiheit der Gnade Gottes, in: ders., Gotteserkenntnis und Menschlichkeit. Einsichten in die Theologie Johannes Calvins, Zürich 2005, 67–86, hier 81–86.
[25]        Inst. III,19,1 (OS 4,282): »ad vim eius (sc. iustificationis) intelligendam«.
[26]        Inst. III,19,2 (OS 4,283).
[27]         Inst. III,19,4 (OS 4,284): »ut conscientiae non quasi Legis necessitate coactae, Legi obsequantur: sed Legis ipsius iugo liberae, voluntati Dei ultro obediant«.
[28]        Inst. III,19,5 (OS 4,285).
[29]        Inst. III,19,6 (OS 4,286): »cuius finis est, nos ad bonum animare«.
[30]         Inst. III,19,7 (OS 4,287).
[31]        Inst. III,19,9 (CO 4,288): »nec ridere, aut saturari …, aut concentu musico delectari, aut vinum bibere, usquam prohibitum est«.
[32]        Vgl. Inst. III,9,4 (OS 4,174).
[33]        Inst. III,19,8 (OS 4,288): »ut Dei donis nullo conscientiae scrupulo, nulla animi perturbatione utamur«.
[34]        Inst. III,19,9 (OS 4,288f).
[35]        Inst. III,19,10–14 (OS 4,289–294), hier bes. Inst. III,19,12 (OS 4,291): »habemus iustam libertatis moderationem«.
[36]        Inst. III,20,1 (OS 4,296): »de oratione, quae praecipuum est fidei exercitium«.
[37]        Genfer Katechismus, Frage 42, in: Reformierte Bekenntnisschriften (s. Anm. 19), 65.

2. Weiterentwicklungen des reformierten Freiheitsverständnisses in der nachcalvinischen Theologie

So gut wir uns bei Calvin aufgehoben wissen können – reformierte Theologie ist nicht allein im 16. Jahrhundert lokalisierbar, sondern befindet sich im Prozess. Exemplarisch soll das an Beobachtungen zur Geschöpflichkeit und Freiheit aus den Folgejahrhunderten gezeigt werden. Calvins Verständnis des Menschen als responsorisches Wesen hat sich im Fortgang der reformierten Theologie verdichtet. Während bei Calvin beide Aspekte, das Geschaffensein zur Entsprechung Gottes und die Berufung zum Leben in der Freiheit, noch nebeneinander stehen, rücken diese Linien später enger – vielleicht sogar zu eng – zusammen.

Das gewählte Beispiel führt uns in die Welt der angelsächsischen reformierten Theologie. Die Westminster Confession von 1647 spricht den Menschen zunächst im calvinischen Sinn auf die ihm verliehene Vernunft und Erkenntnis sowie auf seine natürliche und durch den Fall verwirkte Willensfreiheit an.[1] Weiter ist von der durch Gottes Gnade gewirkten Befähigung die Rede, »frei das zu wollen und zu tun, was … gut ist«.[2] Allerdings räumt das Bekenntnis ein, dass der Wille zum Guten fragil bleibt.[3] An die Stelle von Calvins Erschließung der Freiheit als Gabe und Lebensform tritt nun die heilsgeschichtliche Dramaturgie eines Geschehens zwischen Gott und Mensch, deren theologische Triebfeder der Gottesbund ist.[4] Durch Erneuerung ihres Willens sind die Menschen zum Guten bestimmt und zur Freiheit berufen.[5] Die Heiligung durch Wort und Geist verbindet das Bekenntnis mit dem Gedanken eines Stufenwegs hin zum guten, allerdings irdisch noch unvollkommenen Leben.[6] Die im Gehorsam gegen »Gottes Lebensregel«, die Gebote,[7] ausgeführten guten Werke beschreibt das Bekenntnis als »Zeugnisse eines wahren und lebendigen Glaubens«, die ein Licht auf die Gläubigen selbst werfen: Sie, die Gläubigen, sind dazu geschaffen, die Früchte des Glaubens zu bringen und am Ende das ewige Leben zu erlangen.[8] Geschaffen sein zum Tun des Guten: Hier rücken Geschöpflichkeit und Befreiung zum guten Werk in engen Zusammenhang. Diese Entfaltung des Heils- und Lebensprozesses hat Karl Barth kritisch urteilen lassen, der Heilssubjektivismus der Westminster Confession sei Ausdruck einer »Tragödie«, in der offensichtlich werde, »wie sich der Calvinismus zu Tode gesiegt hat«[9] und schließlich der Puritanismus einen »Pyrrhussieg« davongetragen habe.[10] Von Ferne wähnt er Schleiermacher ante portas mit seiner Hervorhebung des frommen Selbstbewusstseins.[11] Was Barth schroff als beklagenswerte Abweichung von Calvins Grundgedanken ansieht, lässt sich aber auch positiv als theologische Verstärkung Calvins verstehen: Das fromme Ich erhält nicht nur Kunde über Geschöpflichkeit und Freiheit, sondern findet sich wieder als Subjekt in einem Prozess, der außerhalb seiner selbst – in Gott – begründet ist und angetrieben wird. Auch diese Spielart, menschliche Existenz als Heiligungsprozess zu deuten, lag im Horizont der reformierten Theologie und fand besonders im nordamerikanischen Presbyterianismus Resonanz.

Der deutsche reformierte Pietismus hat zu Beginn des 18. Jahrhunderts das Interesse an der Subjektivität der christlichen Freiheit im Sinne eines geheiligten Lebens weiter zugespitzt. Das lässt sich exemplarisch an den katechetischen Texten des damals hochgeschätzten reformierten Theologen Friedrich Adolf Lampe (1683–1729) zeigen. Lampe, erst Pfarrer am Niederrhein und später Professor in Utrecht, versteht in seinem Katechismus von 1717 unter der menschlichen Gottesebenbildlichkeit Weisheit des Verstandes und Heiligkeit des Willens.[12] Mit diesen Gaben versehen sei der Mensch instand gesetzt, das Böse hinter sich zu lassen und das Gute nicht nur zu wollen, sondern auch zu tun. Die einzelnen Schritte eines solchen Heiligungsprozesses werden als christliche Pädagogik entfaltet, die beim Menschen ansetzt und in seiner Erlösung einmündet. Das calvinische Geschaffensein zur Antwort und zum Leben in der Freiheit wird nun vollends zur Existenzvergewisserung des Menschen. Bekehrung und heiliger Lebenswandel mit Wirkungen für Beruf und Alltag verdanken sich letztlich zwar Gott, in ihrem Vollzug aber ist der Mensch der entscheidende Akteur. Heiligkeit wird vom Gottesprädikat zur Aussage über den Lebenswandel – eine deutliche Differenz zu Calvin.

Im Milieu des Rationalismus wurde ein Jahrhundert nach Lampe der praktische Grundzug der Gestaltung des christlichen Lebens aufgenommen und weiter verstärkt. Dazu ein Beispiel: Der gebürtige Gemarker Kaufmannssohn und spätere reformierte lippische Generalsuperintendent Ferdinand Weerth (1744–1836) gestaltet in seinem »Leitfaden für den Religions-Unterricht« von 1811 die ursprüngliche Ethik der Dankbarkeit und christlichen Freiheit in eine Pflichtenlehre um. Weerth wörtlich: »Das Christenthum lehrt uns, wie wir gesinnt seyn und leben sollen. […] Wir haben Pflichten gegen Gott, gegen den Nächsten und gegen uns selbst.«[13] Durch Vernunftgebrauch und uneingeschränkte Willensfreiheit sei der Mensch in der Lage, als »Herr der Erde«[14] auf dem Weg moralischer Perfektionierung voranzuschreiten. Aus der ursprünglichen Freiheit zur Antwort wird eine Pflicht zur tugendhaften Lebensgestaltung. Diese für das kulturelle Milieu des beginnenden 19. Jahrhunderts bezeichnende Spielart reformierter Theologie mit ihrer optimistischen Anthropologie liest sich nahezu wie ein Gegenentwurf zur klassischen Freiheitsidee.

3. Kulturelle Wirkungen des reformierten Freiheitsverständnisses

Unter dem Titel »Johannes Calvin Superstar« weist ein Artikel im Kulturteil der »Welt am Sonntag« darauf hin, dass in reformiert geprägten Ländern das Pro-Kopf-Einkommen, die Demokratisierung und die politischen Freiheiten am weitesten entwickelt seien.[15] Auch wenn der Artikel unter dem Einfluss der popularisierten Max-Weber-These über den Zusammenhang von Calvinismus und Kapitalismus steht,[16] ist die Überlegung dennoch von Belang, welche kulturellen und politischen Entwicklungen vom reformierten Freiheitsverständnis zumindest begünstigt, wenn nicht gar maßgeblich hervorgebracht wurden. Die theologischen Binnendifferenzierungen im reformierten Protestantismus wirkten sich auf seinen Beitrag zur Kulturgeschichte der Neuzeit keineswegs als hinderlich aus, sondern als durchaus befruchtend. Da die reformierten Kirchen von Anfang an geographisch weit verstreut und entsprechend vielfältig in ihrer theologischen Schwerpunktsetzung waren, blieben theologische Spannungen und Streitigkeiten nicht aus. Doch diese Diskussionsprozesse, die sich u.a. der Frage des menschlichen Willens und seiner Freiheit stellten, konnten zum Neuaufbruch in den Wissenschaften, der Ökonomie und der Demokratie stärker beitragen als homogene Kirchentümer. Drei kulturelle Wirkungen des reformierten Freiheitsverständnisses möchte ich hervorheben.

Erstens. Es kennzeichnet den reformierten Protestantismus, dass in ihm die christliche Freiheit explizit als Mündigkeit verstanden wird. Das betrifft nicht nur die Mündigkeit in religiösen Fragen. Reformierte Theologie sucht ständig, vom Wort Gottes erneuert zu werden, und das gilt besonders für ihre Suche nach Erkenntnis. Reformierte Theologie will ausdrücklich nicht in einem kulturellen oder intellektuellen Ghetto betrieben sein, sondern hält sich ihre Türen für das Gespräch mit anderen Wissenschaften und mit allen Bereichen der menschlichen Erkenntnis offen. Denn alle Entdeckungen und Forschungen, die wirkliche Erkenntnis für sich beanspruchen, weisen nach diesem Verständnis auf Gott zurück. Diese theologisch motivierte und aus der Freiheit geborene Lust auf Erkenntnis lässt sich vielfältig belegen.[17] Von Anfang an mussten sich die Reformierten sogar den Vorwurf gefallen lassen, von der Vernunft geradezu exzessiv Gebrauch zu machen. Doch dieser Vernunftgebrauch galt ihnen als Ausdruck ihrer Gewissensfreiheit. So beriefen sie sich auf die Vernunft in der Auseinandersetzung mit der lutherischen Ubiquitätslehre: Es sei evident, dass sich jeder Körper an einem bestimmten Ort befinde. Der Widerspruch ließ nicht lange auf sich warten: Man dürfe der Vernunft, die durch den Sündenfall Schaden genommen habe, in religiösen Dingen nicht zuviel zutrauen. Vernunft und Offenbarung mussten in diesen Debatten in ein neues Verhältnis zueinander gesetzt werden, das beiden gerecht wurde. Der Freiheit zum Vernunftgebrauch verdanken sich auch die ersten Ansätze der historischen Bibelkritik in der reformierten Akademie von Saumur durch Louis Cappel, die in der historisch-kritischen Schriftauslegung und Dogmenkritik von Hugo Grotius vertieft wurde. Überhaupt gab es in den nachreformatorischen Jahrhunderten eine wissenschaftliche Blüte an den reformierten Hohen Schulen, die in mancherlei Hinsicht Vorläufer unserer Kirchlichen Hochschulen waren. Weiter öffneten sich Reformierte in den Niederlanden Descartes’ Gedanken, das antik-mittelalterliche geozentrische Weltbild durch ein neues naturwissenschaftlich begründetes zu überwinden, ohne dabei den Gottesbegriff aufzugeben. Vernunft und Offenbarung sollten einander zuarbeiten. Das galt auch für die Entzauberung der Welt, die Abkehr vom Dämonenglauben und für ein positives Verhältnis zu den Naturwissenschaften, da durch diese die Menschen in die Lage versetzt wurden, ihrem biblischen Kultivierungsauftrag nachzukommen.

Ein weiteres Feld, auf dem der reformierte Protestantismus die geschenkte Freiheit mitgestaltet hat, ist die Ökonomie. Mit seiner These, dass es eine direkte Verbindung von calvinistischer Ethik und dem Geist des Kapitalismus gäbe, hat Max Weber für lange Zeit die Deutungshoheit eingenommen.[18] Jenseits von Weber ist daran zu erinnern, dass sich Calvin die Freiheit genommen hat, ein nüchternes Verhältnis zum Kapital zu entwickeln: Geld kann als Startkapital für Unternehmer dienen, um die Wirtschaft zu entwickeln; Besitz als solcher ist kein Indiz für Sünde; Geld darf auch gewinnbringend angelegt werden; das Zinsnehmen unterliegt keinem Tabu mehr.[19] Dabei flankiert Calvin die Öffnung hin zur Geldwirtschaft ausdrücklich mit ihrer Sozialverträglichkeit nach dem Maßstab der Nächstenliebe.[20] Reiner ökonomischer Eigennutz verträgt sich nicht mit calvinischer Ethik. Vielmehr drängt er darauf, dass von Armen kein Zins genommen werden darf. Freiheit zum Wirtschaften heißt bei Calvin, sich zur Freigebigkeit herausrufen zu lassen. In seinen Deuteronomiumpredigten erinnert er daran, dass die Freiheit in ökonomischen Dingen eine gebundene Freiheit ist: Der Arme und der Reiche sind als Ebenbilder Gottes an Gott gebunden, und beide – der Arme und der Reiche – sind aufeinander bezogen.[21] Ihr Zusammenleben wird zum Feld, auf dem beide zur Antwort gerufen sind. Begegnung, Empfangen und Geben, Teilgeben und Teilhaben: In diesen Dimensionen soll sich ihr Leben vollziehen, damit »beide Gott preisen«[22]. Weil Gott die Sache der Armen zu seiner Sache macht, würde der Reiche gegen Gott rebellieren, wenn er das Recht des Armen missachtete. Das Erbarmen mit dem Armen soll zum Kennzeichen der Humanität des Reichen werden, mit der er Gottes eigener Menschlichkeit zu entsprechen sucht. Ausgehend von diesen sozialethischen Orientierungen gewann die Gemeindediakonie eine institutionelle Gestalt – auch dies ein Bereich, in dem Freiheit bezeugt und bewährt wurde.[23]

Ich nenne noch ein drittes Feld, auf dem die reformierte Theologie die Mündigkeit im Bereich des Politischen zumindest indirekt beeinflusst hat. Von Anfang an standen reformiert geprägte Kirchen vielfach im Spannungsverhältnis zu ihren Regierungen. Insbesondere für die französischen Reformierten war der Weg weit und steinig, bis aus einem gottesdienstlichen Leben im Untergrund die Errungenschaft der religiösen Toleranz wuchs und schließlich in den Vereinigten Staaten mit Franklin Delano Roosevelt einem Hugenottennachfahren das Präsidentenamt übertragen wurde. Trotz aller Verwicklungen: Die Reformierten haben zur Entwicklung neuzeitlicher politischer Strukturen beigetragen. Sie taten das aus dem Bewusstsein heraus, dass christliche Freiheit auch im Politischen Ausdruck finden soll. Hier sind Ideale im Spiel, die in die Zukunft weisen. Zu denken ist an das Sensorium für ein der Menschenwürde verpflichtetes Gemeinwesen, aber auch an die Suche nach ethischer Sensibilität für Gerechtigkeit in der globalisierten Welt.

Gelegentlich wurde ein Zusammenhang von Calvinismus und Demokratie behauptet – eine Annahme, die modifiziert werden muss. Was allerdings zutrifft, ist dies: Calvin klagt unter dem Eindruck der Repressalien gegen die Hugenotten die monarchistische Tyrannei an und fordert die »Freiheit des Volks«.[24] Am Rande begegnet sogar der Gedanke eines Widerstandsrechtes.[25] Auch wurden im Anschluss an Calvin monarchomachische, gegen die Monarchen gerichtete Texte verbreitet, die an ihre Bundesverpflichtung erinnerten.[26] Gelegentlich wurden im beginnenden 17. Jahrhundert absolutismuskritische Gedanken im akademischen Milieu entwickelt – dafür steht in Deutschland vor allem der Name des Staatstheoretikers Johannes Althusius, der Überlegungen zur Volkssouveränität und Gewaltenteilung angestellt hat. Wo immer es zu solchen Vorstößen gekommen ist, bildete neben der Bundestheologie die Schöpfungstheologie den Argumentationsrahmen: Die politische Freiheit und die daraus resultierenden Menschenrechte wurden als eine Schöpfungsgabe Gottes interpretiert. Was schon Calvin hervorgehoben hat – die Gottesebenbildlichkeit und die Berufung des Menschen zur Freiheit –, trug später politische Früchte: Als Gott entsprechendes Wesen soll der Mensch sein Recht auf Religions- und Gewissensfreiheit wahrnehmen. Insofern kann man von indirekten Wirkungen Calvins auf die Entwicklung der modernen Demokratie sprechen – Wirkungen, bei denen übrigens das calvinische Axiom der freien Souveränität Gottes keineswegs die menschliche Freiheit in Frage stellt.[27] Im Gegenteil: Calvin schließt vom 1. Gebot her eine Identifizierung irdischer Autoritäten mit der Autorität Gottes aus. Gerade die Souveränität Gottes ruft den befreiten Menschen zur Antwort auf, und eine Antwort war das Bemühen, die gesellschaftlichen Strukturen der christlichen Freiheit anzunähern. In einer Atmosphäre, in der die Relativität staatlicher Macht im Verhältnis zur freien Souveränität Gottes betont wurde, konnten demokratische Gedanken wachsen. Zur Kultivierung der Verantwortlichkeit aller für ihr Gemeinwesen trug nicht zuletzt Calvins Kirchenverständnis bei. Dieses hat – ausgehend von der Teilhabe aller am prophetischen, königlichen und priesterlichen Amt Christi – die kollegiale Gemeindeleitung, die Gewaltenteilung in ihr und das synodale Prinzip etabliert. Damit gesellt sich neben das Geschaffensein zur Antwort und die christliche Freiheit noch eine dritte Linie, die auf die kirchliche und politische Lebensgestaltung eingewirkt hat: die Teilhabe aller am dreifachen Amt Christi.[28]

4. Impulse des reformierten Freiheitsverständnisses für Kirche und Theologie 

Abschließend lassen sich Impulse aus den Begründungsstrukturen christlicher Freiheit für Kirche und Theologie andeuten. Zumindest auf den ersten Blick spielt der Freiheitsbegriff in der derzeitigen deutschen kirchlichen Diskussion eine prominente Rolle. Im Impulspapier des Rates der EKD »Kirche der Freiheit« steht Freiheit geradezu für das Wesen der Kirche. »Zur Signatur evangelischen Christseins gehört Freiheit«, wird einleitend betont.[29] In der Bindung an Jesus Christus sei der Raum für die persönlich verantwortete Gestaltung des individuellen und kirchlichen Lebens eröffnet, das die Übernahme von Verantwortung einschließe.[30] Wie soll man dem nicht zustimmen können? Doch bei den zahlreichen wichtigen Analysen und guten Anregungen im Detail muss zumindest angemerkt werden, dass die theologische Entfaltung des Freiheitsbegriffs in diesem Papier eher blass bleibt. Freiheit scheint primär als formales kirchliches Programm verstanden zu werden. Wenn aber der Freiheitsbegriff für das Leben der Kirche fruchtbar gemacht werden soll, bedarf er der theologischen Durchdringung. Dazu gehört das elementare und besonders klar von Calvin herausgestellte Merkmal, dass das Leben in der Freiheit die Antwort auf eine Anrede ist. Kirche ist dann Kirche der Freiheit, wenn sie sich als Adressatin des anredenden Wortes Gottes versteht und diesem in der Kraft des Heiligen Geistes zutraut, Freiheit inmitten von Erstarrung zu wirken. Die Wirkmächtigkeit von Gottes souveränem Wort wiederzuentdecken und dieses gerade zugunsten der christlichen Freiheit fruchtbar zu machen: Von dieser Leidenschaft war Calvin und mit ihm der klassische reformierte Protestantismus beseelt. Auf dem Hintergrund, dass Freiheit nachreformatorisch tendenziell als subjektive Qualität und Habitus des Menschen angesehen wurde, hat Barth in seinem Vortrag zur Freiheitsthematik von 1953 daran erinnert, dass Freiheit zuerst und zuletzt Geschenk ist.[31] Gottes eigene Freiheit in der Betätigung seiner Gnade, so Barth, problematisiert keineswegs die dem Menschen geschenkte Freiheit, sondern füllt sie vielmehr mit Leben. Gottes Freiheit ruft das Erkennen und Bekennen in Wort und Tat wach.[32] Die Antwort des Menschen hat sachlich die Struktur der »Übereinstimmung mit der Freiheit Gottes«[33]. Das aber schließt – bezogen auf die Kirche – die selbstkritische Reflexion darüber ein, wozu sie berufen ist in einer Welt, in der Angst vielfach Freiheit dominiert und in der Beschneidung der Freiheitsrechte nicht selten als Zugewinn an Sicherheit gewertet wird. Unüberholt hat die 2. Barmer These das Analogon zur »frohe[n] Befreiung aus den gottlosen Bindungen« im »freie[n], dankbare[n] Dienst an seinen Geschöpfen« erkannt.[34] Und die 6. Barmer These beantwortet die Frage, wozu die Kirche da und von ihrem Herrn beauftragt ist, mit der Auskunft, »die Botschaft von der freien Gnade auszurichten an alles Volk«.[35] Insofern die Kirche sich selbst von der frei zugewandten Gnade angeredet weiß, ist sie in Wahrheit freie Kirche und gibt Antwort, indem sie diese Botschaft ausrichtet.

In den Debatten um die Zukunft der evangelischen Kirche sollte die Erinnerung daran wach gehalten werden, dass Kirche in der Kraft des Wortes und des Geistes Gemeinschaft der Angeredeten ist. Darum wissen sie sich zur Antwort und zum Bekennen geschaffen und berufen. Weltweit befinden sich die reformierten Kirchen derzeit in einem intensiven Diskussionsprozess über die Frage des Bekennens in sozialethischen Fragen. Über das Bekennen nachzudenken, ist aber nicht nur eine Frage von Stellungnahmen, sondern berührt auch den Status und die Gestaltung des Bekennens im Gottesdienst. Der für die reformierte Theologie charakteristische Dreiklang von Erkennen, Anerkennen und Bekennen weist gelegentlich Misstöne auf oder leidet gar unter dem Ausfall mindestens eines dieser Merkmale. Ich halte es für eine herausragende Aufgabe, das Erkennen, Anerkennen und Bekennen im Gottesdienst als Inanspruchnahme geschenkter Freiheit zu kultivieren oder – wo es verloren zu gehen droht – neu zu entdecken.[36] Eine besonders geeignete Ausdrucksform der Freiheit liegt in der theologischen Klarheit, aber auch in der sorgsamen Gestaltung des Gottesdienstes einschließlich der Predigt. Wo eine solche Freiheit zum Antworten praktiziert wird, bindet und verbindet sie Menschen: Sie verbindet Menschen zur versammelten Gemeinde, von der her eine Kirche der Freiheit ihre Identität gewinnt.

Auch eine Kirchliche Hochschule lebt von der Freiheit. Wenn wir uns die Anfänge unserer Hochschule am Standort Wuppertal 1935 ins Gedächtnis rufen, wird deutlich, dass um die Freiheit von Forschung und Lehre mehr als in anderen akademischen Einrichtungen gerungen werden musste. Freiheit nehmen wir wahr als geschenkte Freiheit, aber auch als errungene und – wenn wir an die staatlich erzwungenen Schließungen der Hochschulen in Bethel 1939 und Wuppertal 1941 denken – auch als bedrohte und verlorene Freiheit. In einer veränderten Situation leben wir heute in der akademischen Ausbildung und Forschung nicht nur von einer formalen äußerlichen, sondern auch von einer inhaltlich qualifizierten Freiheit. In den Spuren der reformierten Theologie formuliert: Christliche Freiheit gründet in der Freiheit Gottes, die er zugunsten seines Geschöpfs geltend macht. Eine so qualifizierte christliche Freiheit birgt nach Calvin das Versprechen in sich, die rechte Erkenntnis Christi, die Wahrheit des Evangeliums und den Frieden der Seele zu wirken.[37] Erkenntnis, Wahrheit und Frieden der Seele – in diesen Interpretamenten von Freiheit mag unser Lehren und Forschen ein achtsames Hören und ein sorgsames Antworten sein. An diesem Hören und Antworten beteiligt sich das Fach Reformierte Theologie. Ich bin davon überzeugt, dass wir den Ertrag unserer konfessionellen Differenzierungen im Sinne eines Reichtums bei weitem noch nicht ausreichend gesichtet und gesammelt haben. Dieses Sichten und Sammeln geschieht in der Gebundenheit an den Gott, der zu denken gibt. Und es geschieht in der Freiheit, die eigene Gottesrede zu erproben.


[1]          Kap. 4, in: BSRK 553; Bekenntnisse der Kirche. Bekenntnistexte aus zwanzig Jahrhunderten, hg. v. Hans Steubing, Wuppertal 1985, 212f.
[2]          Kap. 9, in: BSRK 564f; Bekenntnisse der Kirche (s. Anm. 38), 217.
[3]          Kap. 4 und 9, in: BSRK 553, 564f; Bekenntnisse der Kirche (s. Anm. 38), 213, 217.
[4]          Kap. 7, in: BSRK 558–560; Bekenntnisse der Kirche (s. Anm. 38), 215.
[5]          Kap. 10–12, in: BSRK 565–569; Bekenntnisse der Kirche (s. Anm. 38), 218f.
[6]          Kap. 13, in: BSRK 569f; Bekenntnisse der Kirche (s. Anm. 38), 220.
[7]          Kap. 19, in: BSRK 581–584; Bekenntnisse der Kirche (s. Anm. 38), 225.
[8]          Kap. 16, in: BSRK 574–576; Bekenntnisse der Kirche (s. Anm. 38), 221f.
[9]          Karl Barth, Die Theologie der reformierten Bekenntnisschriften. Vorlesung Göttingen Sommersemester 1923, hg. v. Eberhard Busch (Karl Barth-Gesamt­ausgabe, Abt. II), Zürich 1998, 213; vgl. Matthias Freudenberg, Karl Barth und die reformierte Theologie. Die Auseinandersetzung mit Calvin, Zwingli und den reformierten Bekenntnisschriften während seiner Göttinger Lehrtätigkeit (NTDH 8), Neukirchen-Vluyn 1997, 267–270.
[10]        Barth, Bekenntnisschriften (s. Anm. 46), 236.
[11]         Ebd., 220.
[12]        Friedrich Adolf Lampe, Erste Wahrheitsmilch für Säuglinge am Alter und Verstand, in: Reformierte Katechismen aus drei Jahrhunderten. Anger – Lampe – Weerth, hg. v. Matthias Freudenberg, Rödingen 2005, 31–43; vgl. auch Friedrich Adolf Lampe, Milch der Wahrheit nach Anleitung des Heidelberger Katechismus, hg. v. Matthias Freudenberg, Rödingen 2000. Zu Lampes Theologie vgl. Matthias Freudenberg, Erkenntnis und Frömmigkeitsbildung. Beobachtungen zu Friedrich Adolf Lampes Erklärung des Heidelberger Katechismus »Milch der Wahrheit« (1720), in: Reformierte Retrospektiven, hg. v. Harm Klueting / Jan Rohls (EBzrP 4), Wuppertal 2001, 157–177.
[13]        Ferdinand Weerth, Leitfaden für den Religions-Unterricht in den Schulen, in: Reformierte Katechismen (s. Anm. 49), 45–111, hier 82.
[14]        Ebd., 60.
[15]        Welt am Sonntag 51/2006 vom 17.12.2006, 71 (Autorin: Mariam Lau).
[16]        Vgl. Max Weber, Gesammelte Aufsätze zur Religionsgeschichte, Bd. 1, Tübingen 91988; zur Kritik an Weber vgl. Dieter Schellong, Calvinismus und Kapitalismus. Anmerkungen zur Prädestinationslehre Calvins, in: Hans Scholl (Hg.), Karl Barth und Johannes Calvin. Karl Barths Göttinger Calvin-Vorlesung von 1922, Neukirchen-Vluyn 1995, 74–101.
[17]        Weitere Beispiele nennt Jan Rohls, Zwischen Bildersturm und Kapitalismus. Der Beitrag des reformierten Protestantismus zur Kulturgeschichte Europas, Wuppertal 1999, 13–23.
[18]        Vgl. Anm. 53.
[19]        Vgl. Hans Helmut Eßer, Der Eigentumsbegriff Calvins angesichts der Einführung der neuen Geldwirtschaft, in: Calvinus Sincerioris Religionis Vindex (s. Anm. 21), 139–161.
[20]        Vgl. zum Folgenden Matthias Freudenberg, »Arme habt ihr allezeit bei euch« (Joh 12,8). Armut als Herausforderung für das kirchliche Handeln im reformierten Protestantismus – Einblicke und Orientierungen, in: Die kleine Prophetin Kirche leiten (FS Gerrit Noltensmeier), hg. v. Martin Böttcher u.a., Wuppertal 2005, 93–111.
[21]         Predigten über Dtn 15,11–15 (CO 27,336–349) vom 30.10.1555, über Dtn 24,14–18 (CO 28,187–198) vom 10.2.1556 und über Dtn 24,19–22 (CO 28,198–211) vom 11.2.1556.
[22]         Predigt über Dtn 15,11–15 (CO 27,342).
[23]        Wichtige Impulse für die Sozialethik und das Gemeindediakonat hat Calvin während seiner Straßburger Zeit 1538–1541 erhalten. Eine hervorgehobene Rolle spielte Katharina Zell, geb. Schütz, als Hauptrepräsentantin eines neuen weiblichen Diakonats. Hans Scholl macht darauf aufmerksam, dass im 18. Jahrhundert der andere große Genfer J.-J. Rousseau an Calvins Sozialethik angeknüpft und diese weitergeführt hat (Von der Reformation zur Revolution – Die beiden Genfer J. Calvin und J.-J. Rousseau vor der Frage nach sozialer Gerechtigkeit, in: ders., Verantwortlich und frei. Studien zu Zwingli und Calvin, zum Pfarrerbild und zur Israeltheologie der Reformation, Zürich 2006, 135–158).
[24]        Inst. IV,20,31 (OS 5,501); vgl. Calvins Daniel-Kommentar von 1561 (CO 40f).
[25]        Inst. IV,20,31 (OS 5,501).
[26]        Vgl. auch Rohls, Bildersturm (s. Anm. 54), 32–37.
[27]        Vgl. Eberhard Busch, Gemeinschaft in Freiheit. Impulse für die demokratische Lebensform, in: ders., Gotteserkenntnis (s. Anm. 24), 139–170, hier 150.
[28]        Vgl. dazu ausführlich Matthias Freudenberg, Das dreifache Amt Christi – eine »längst ausgepfiffene Satzung der Schultheologen« (H.Ph.K. Henke). Zum munus triplex in der reformierten Theologie und seiner Bedeutung für das ökumenische Gespräch, in: Reformierte Spuren, hg. v. J. Marius J. Lange van Ravenswaay / Herman Selderhuis (EBzrP 8), Wuppertal 2004, 71–96.
[29]        Kirche der Freiheit. Perspektiven für die Evangelische Kirche im 21. Jahrhundert. Ein Impulspapier des Rates der EKD, hg. v. Kirchenamt der EKD, Hannover 2006, 13.
[30]        Ebd.
[31]        Karl Barth, Das Geschenk der Freiheit. Grundlegung evangelischer Ethik (ThSt 39), Zürich 1953.
[32]        Ebd., 7.
[33]        Ebd., 9.
[34]        In: Reformierte Bekenntnisschriften (s. Anm. 19), 243.
[35]        In: Reformierte Bekenntnisschriften (s. Anm. 19), 244; vgl. Michael Beintker, Die Botschaft von der freien Gnade Gottes und die Gestalt einer Kirche des Erbarmens Gottes, in: ders., Rechtfertigung in der neuzeitlichen Lebenswelt. Theologische Erkundungen, Tübingen 1998, 170–184.
[36]        Vgl. auch die Beiträge in: Der Gottesdienst in der »Kirche der Freiheit«. Zum Impulspapier des Rates der EKD, in: Thema Gottesdienst 25/2006, hg. v. der Arbeitsstelle für Gottesdienst und Kindergottesdienst der EKiR.
[37]        Inst. III,19,1 (CO 4,282f): »Christus ... Evangelii veritas, ... interior pax animae«.

 

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