Wichtige Marksteine
Reformierte im Spiegel der Zeit
Geschichte des Reformierten Bunds
Geschichte der Gemeinden
Geschichte der Regionen
Geschichte der Kirchen
Biografien A bis Z
(1484-1531)
Ulrich Zwingli wird am 1. Januar 1484 in Wildhaus (Kanton St. Gallen) als drittes von zehn Kindern einer angesehenen Bauernfamilie geboren. Mit Hilfe von Verwandten und Freunden der Familie kann der junge Zwingli in Wesen, Basel und Bern Schulen besuchen und anschliessend in Wien und Basel studieren. Von 1502 bis 1506 studiert Zwingli in Basel und promoviert zum Magister der freien Künste. Auf das Studium der Philosophie folgt ein kurzes Studium der Theologie.
1506 wird Zwingli zum Pfarrer von Glarus gewählt und zum Priester geweiht. Er führt dieses Amt in guter katholischer Tradition mit Messelesen, Prozessionen, Reliquienverehrung und Ablasswesen etwa zehn Jahre lang. Ab 1516 korrespondiert Zwingli mit Erasmus von Rotterdam. Seinen Schritt zum Humanismus, den er vor allem politisch und kirchenkritisch versteht, bezeichnet Zwingli später als einen ersten Schritt zur Reformation. 1516 nimmt Zwingli vorübergehend einen Ruf nach Einsiedeln an. Hier beginnt er konsequent biblisch zu predigen, d.h. er legt jeden Morgen vor der Messe einen Bibeltext öffentlich aus.
Im Jahr 1518 wird er als Leutpriester an das Zürcher Großmünster berufen. In seinen zwölf Zürcher Jahren widmet er sich der Entwicklung des Gottesdienstes - eines Gottesdienstes, der innerhalb wie außerhalb der Kirchenmauern stattfindet. Das ist für Zwingli eine Einheit: das Wort Gottes will nicht nur in einem privaten oder verinnerlichten Bereich, sondern in der Gesamtheit des Lebens zur Wirklichkeit werden; das ganze Leben soll Gottesdienst sein. Zwinglis Augenmerk ist in Zürich von Anfang an auf die Frage gerichtet, wie der Glaube Leben verändert. Dazu gehören für ihn in der Stadt z. B. Zinsnachlässe, bessere Entlohnung der Arbeiter oder die Armenfürsorge.
Ab Weihnachten 1523 beginnt in Zürich der Zusammenbruch des alten Kultes. Prozessionen und Wallfahrten hören auf, das Fasten wird nicht eingehalten. Nach Pfingsten 1524 werden alle Bilder aus den Kirchen entfernt. Im April 1525 legen Zwingli und seine Freunde dem Rat der Stadt eine neue Abendmahlsliturgie vor und verlangen die endgültige Abschaffung der Messe. Schon Gründonnerstag 1525 wird in Zürich das erste reformierte Abendmahl gefeiert.
Die folgenden Jahre bringen der Reformation in der Schweiz großen Zuwachs. Die weltweite Ausbreitung der schweizerischen Reformation nach Frankreich, den Niederlanden, Schottland und Ungarn nimmt erst später von Genf aus ihren Lauf, wird aber in den zwanziger Jahren in Zürich vorbereitet. Zwinglis Einflüsse sind bis Ostfriesland spürbar, insbesondere über Johannes a Lasco, der 1525 in Zürich von Zwingli auf die Bibel als alleinige Grundlage gewiesen wird.
Die Ausbreitung der Reformation in der Schweiz wird 1531 durch den zweiten Kappeler Krieg beendet. Letztlich wird durch die Folgen des Krieges die konfessionellen Spaltung der Schweiz festgeschrieben. Ulrich Zwingli, der nach altem Brauch als Feldprediger mit in den Krieg gezogen war, erlebt die vernichtende Niederlage der Zürcher nicht mehr. Er fällt mit 400 anderen treuen Anhängern der Reformation am 11. Oktober 1531. Nach den Worten Karl Barths lässt sich übrigens "Zwinglis ganzes Christentum zusammenfassen" in einem Satz seines Briefes am 16.6.1529 aus dem Lager bei Kappel: "Tut um Gottes willen etwas Tapferes!"
„Du darfst ja leben!“
Karl Barth zur Jahreslosung 2008
„Du mußt ja gar nicht, du darfst ja leben! Leben ist ja von Gott geschenkte Freiheit. Leben wollen ist ja das Wollen in dieser Freiheit, in der der Mensch gerade nicht Souverän und gerade nicht einsam ist, sondern Gott als den Schöpfer, Geber und Herrn seines Lebens unter allen Umständen über sich hat. Warum willst du Souverän sein wollen und damit einsam, und dann sicher so oder so lauter Leere um dich her entdecken, dann verzweifeln und zuletzt an Selbstmord denken müssen? Das Alles wäre ja nur für sich, wenn du leben müßtest, wenn Leben nicht von Gott geschenkte Freiheit wäre. Aber damit ist es ja von der Wurzel aus nichts: Gott ist dir gnädig. Was folgt daraus? Daß du einfach davon leben darfst und, weil er Gott ist, auch leben kannst, daß er dir gnädig ist. Daß du es also einfach annehmen darfst: Er ist Souverän und nicht du. Er hat und trägt die Verantwortung für dein Leben und nicht du selbst. Er macht daraus, was er will, nicht, was du wollen zu müssen dir einbildest. Er rechtfertigt, heiligt, rettet und verherrlicht dich: nicht von dir ist das verlangt. Von dir ist gerade nur das verlangt, daß du es dabei sein Bewenden haben lassest. Dann findest du dich von ihm umgeben von allen Seiten, dann kannst du nicht verzweifeln: gerade nicht an dir selbst, nicht an deinem Leben, wie verfehlt und unglücklich oder wie unnütz es sich dir auch darstelle. Es ist – du selbst bist Gott Eigentum und darum sind alle Engel Gottes mit dir.“
aus: Karl Barth, Augenblicke, ausgewählt von Eberhard Busch, Zürich 2001; Karl Barth, Kirchliche Dogmatik: KD III/4, 464f.